Der Biolandwirt Charles De Grady aus Horion nahe dem Lütticher Flughafen produziert Kartoffeln, Möhren, Zwiebel, Weizen - und Quinoa. Er möchte nicht alles auf eine Karte - auf ein Produkt - setzen. "Quinoa ist recht pflegeleicht. Die Pflanze mag viel Sonne, kann aber gut Kälte und Trockenheit ertragen", erklärt De Grady. "Nur zu viel Regen mag sie nicht." Deshalb erwartet ihn dieses Jahr auch eine weniger ertragreiche Ernte. Aber es werde ausreichen, um einen guten Schnitt zumachen.
Quinoa ist glutenfrei und wird in den USA als Superfood bezeichnet. Der Nährwert ist vergleichbar mit Reis. Quinoa enthält jedoch deutlich mehr Mineralien, mehr Eiweiß und eine größere Menge mehrfach ungesättigter Fettsäuren und reichlich Vitamin B1.
Unabhängig davon ist es schnell zubereitet und hat anders als Reis einen leicht nussigen Geschmack. Ob warm oder kalt, als Beilage, als Salat oder gepufft als Müsli: Quinoa ist vielseitig einsetzbar. Ganze Kochbücher widmen sich schon diesem Produkt.
Unschön und unchristlich
Dass wir Quinoa in Europa nicht schon seit 500 Jahren essen wie Kartoffeln hat zwei Gründe. Die spanischen Seefahrer hatten die Kartoffel von Amerika nach Europa erst wegen der schönen Blüte und des üppigen Laubes als reine Zierpflanze importiert und als seltene Pflanze in botanische Gärten aufgenommen. Quinoa hingegen sieht aus wie Fuchsschwanzgras, nicht nur für Landwirte ein invasives und lästiges Unkraut.
Während der spanischen Eroberungszüge und Kriege gegen die Inkas und Azteken im 16. Jahrhundert wurde der Anbau von Quinoa zudem verboten und sogar unter Todesstrafe gestellt. Damit sollten die Völker geschwächt werden. Das als "unchristlich" eingestufte Nahrungsmittel blieb dadurch in Europa bis in das 20. Jahrhundert hinein so gut wie unbekannt.
Belgischer Quinoa-Pionier
Eine Art belgischer Christopher Kolumbus für die Quinoa-Planze ist der erst 27-jährige François Gilbert de Cauwer. Der Bio-Ingenieur hat vor drei Jahren seine Endarbeit über den Anbau sowie die Vermarktung des Produktes geschrieben. Vorab hatte ihm die Universität von Louvain-La-Neuve ein Testfeld zur Verfügung gestellt.
Das Ergebnis konnte sich sehen lassen und nach dem Studium hat de Cauwer sich sofort selbständig gemacht, um Belgien zum Quinoa-Anbauland zu machen. "Mittlerweile wird Quinoa nicht mehr fast ausschließlich in Peru, Bolivien und Equador produziert. Heute sind es über 80 Länder", sagt Gilbert de Cauwer.
Eigentlich gebe es über 100 Sorten die sich meist mehr in der Farbe als im Geschmack unterscheiden. Aber in Europa werden bislang fünf bis sechs Sorten angepflanzt. Die beliebtesten Sorten sind Jessie und Pasto. "Quinoa ist nicht nur pflegeleicht, es muss auch nach der Ernte so gut wie gar nicht behandelt werden. Quinoa ist nach dem Trocknen prinzipiell lange lagerfähig."
Quinobel
Wer das Produkt im Supermarkt kauft, wird auf der Verpackung ein Verfallsdatum finden, dass eine Haltbarkeit von rund anderthalb Jahren angibt. "Davon betroffen sind aber eher die Nährstoffe", sagt Gilbert de Cauwer. Er kauft den Landwirten, die er von der Quinoaproduktion begeistern konnte, die Ernte ab, und vermarktet das Produkt unter der Marke Quinobel.
Da die Nachfrage stimmt, konnte er auch schon Supermärkte im Raum Eupen und Malmedy überzeugen, das Produkt ins Warensortiment aufzunehmen. Wenn es so weiter läuft wie bisher, könnte das Produkt, das heute noch so exotisch klingt, bald schon eine sehr alltägliche Zutat in unserem Speiseplan werden.
Nicht nur gesund, sondern auch nachhaltig aus lokaler Herstellung.
Text und Bilder: Manuel Zimmermann