Er soll so schön singen, wie der sagenhafte Sänger der Antike, dessen Gesang sogar die Felsen zum Weinen brachte. Deshalb nennt man ihn Orpheusspötter. Der zierliche Vogel wiegt kaum mehr als zehn Gramm, hat einen kurzen Schnabel und ist auch sonst recht unscheinbar. Dennoch hat er das Interesse der Forscher geweckt, erklärt Sönke Twietmeyer, Zoologe im Nationalpark Eifel.
Ursprünglich war der Orpheusspötter nur im Mittelmeerraum bis in den Norden Frankreichs hinein verbreitet. Doch von den französischen Brutgebieten aus hat er sein Areal in den letzten Jahrzehnten ausgeweitet - bis hin nach Deutschland, den Niederlanden und Belgien. Jetzt fühlt er sich auch in den Höhenlagen der Eifel heimisch.
Auch in Ostbelgien ist der Singvogel schon vor Jahren gesichtet worden: 1986 entdeckte ein Hobby-Orthinologe eine Brut in Weismes, und vor einigen Jahren wurde sein Gesang im Manderfelder Land gehört. Doch was führt den mediterranen Einwanderer in die Eifel? Kann der Klimawandel eine Rolle spielen? Das hält Sönke Twietmeyer als alleinigen Grund für eher unwahrscheinlich.
Während der Orpheusspötter zum Überwintern nach Westafrika zieht, überwintert der Gelbspötter in Ostafrika. Um mehr über die Zugwege der verwandten Vogelarten zu erfahren, hat der Nationalpark Eifel jetzt zusammen mit der Universität Trier und dem Museum Kopenhagen eine Untersuchung gestartet.
Bei den kleinen Singvögeln können die Forscher noch keine GPS-Sender verwenden - wie zum Beispiel bei den Rotmilanen oder anderen großen Zugvögeln. Deshalb werden die Tiere mit winzigen Rucksäcken von 0,3 Gramm ausgestattet, sogenannten Geolokatoren. 15 Vögel wurden mit den Geolokatoren ausgestattet.
Wenn die Vögel im nächsten Jahr aus ihren über 4.000 Kilometer entfernten afrikanischen Überwinterungsgebieten in die Eifel zurückgekehrt sind, wird es erste Ergebnisse geben - vorausgesetzt den Forschern gelingt es, die Tiere wieder einzufangen.
Michaela Brück - Bilder: Oliver Käseberg/S. Twietmeyer/Nationalparkverwaltung Eifel