Dass wir Belgier verrückt nach Bier sind, ist allseits bekannt. Wie verrückt, macht die Brauerei "De Halve Maan" aus Brügge deutlich. Weil sie an ihrer mittelalterlichen Braustätte in der Altstadt festhalten will, dort aber kein Platz für eine moderne Abfüllanlage ist, fahren derzeit Tanklaster hin- und her. Das will die Brauerei ändern und hat sich die weltweit erste Bier-Pipeline ausgedacht, die unter öffentlichen Straßen verläuft.
Für die Bierleitung musste zum Teil tief gebohrt werden. Etwa am Platz ‘t Zand, an dem sich das Brügger Konzertgebäude befindet samt unterirdischem Parkhaus, sagt Projektleiter Alain Depré. 35 Meter unter der Erde ist die Pipeline an der tiefsten Stelle vergraben worden. Mitten durch die historische Altstadt.
Zum ersten Mal wurde über eine Strecke von drei Kilometern Gelände in Stadteigentum aufgerissen, um Leitungen zu verlegen, die nicht der Allgemeinheit, sondern einem Privatunternehmen dienen. Rund vier Millionen Euro hat sich die Brauerei das Ganze kosten lassen - teils durch Privatleute und Bier-Fans finanziert. "Über ein Crowdfunding-Projekt haben wir 250.000 Euro reingeholt", sagt Brauerei-Chef Xavier Vaneste. Im Gegenzug erhalten die Spender lebenslang kostenlos Bier.
Unter anderem die bekannteste Marke der Brauerei, das Spezialbier "Bruggse Zot", wird ab Ende des Sommers durch die Polyethylen-Rohre unter dem Brügger Kopfsteinpflaster fließen. Auf den Geschmack habe das keinen Einfluss, erklärt Geschäftsführer Vanneste. Qualität werde im "Bierland Belgien" schließlich groß geschrieben.
Der Gerstensaft werde langsam und schonend werden. Der Druck in den Leitungen betrage maximal zwei Bar. Bis zu 6.000 Liter pro Stunde sollen zwischen Brauerei in der Altstadt und Abfüllanlage im Industriegebiet fließen. 500 Tankwagen-Fahrten pro Jahr sollen Brügge durch die neue Bierleitung erspart bleiben. Damit will die Brauerei ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Ihren Standort mitten in der Altstadt wollte die stets wachsende Brauerei nicht aufgeben. Trappistenbier werde ja schließlich auch von Trappisten-Mönchen gebraut. Und Champagner in der Champagne hergestellt. Und so gehöre das Brügger Bier ebenfalls nach Brügge - koste es, was es wolle.
Alain Kniebs - Bild: Eric Lalmand/BELGA