Krieg, mitten in Gent. Mit allem, was dazu gehört: einer Schlacht, hochkochenden Emotionen und am Ende auch mit Opfern. Bei diesem Krieg geht es um eine urbelgische Sache, etwas, das neben den Roten Teufeln wohl die Menschen in diesem Land immer noch in gewisser Weise verbindet: Die Fritte nämlich. Genauer gesagt sind es die Fritterien, Frittüren, Frittenbuden...
Die Stadtverwaltung von Gent hat entschieden, die Prozedur zur Vergabe der Konzessionen zu ändern. Demnach werden die Stellplätze für die Frittenbuden nur noch dem Meistbietenden zugesprochen, ohne Vorkaufsrecht, wie es bislang der Fall war. Heißt: Eine Traditionsfrittenbude kann die Vergangenheit nicht geltend machen. Ob sie ihren Stellplatz behält, das entscheidet allein ihr Portemonnaie. "Das geht doch nicht!", wetterte ein Frittenbudenbetreiber in der VRT. Wir haben unsere Existenz an diesem Platz aufgebaut, wir haben unsere Stammkunden hier. Man kann uns doch nicht einfach verjagen."
"In diesen Frittüren steckt verdammt viel Geld", sagte ein anderer. Früher traf vielleicht noch der Begriff "Bude" zu. Da waren es vielleicht tatsächlich nur umfunktionierte Campingwagen. Heute sind es kleine Häuser, in denen zwischen 100.000 Euro und 300.000 Euro stecken:
In ihrer Verzweiflung griffen die "Frituristen" - so die offizielle Berufsbezeichnung in Belgien - zu einem drastischen Mittel: Sie rückten mit einem Lieferwagen an, und schaufelten Fritten vor das Genter Rathaus, auf die Treppen, vor die große Eingangstüre, sogar in die Blumenkästen hat man Fritten gefunden. "Peeters raus", riefen sie immer wieder. Christophe Peeters ist die Zielscheibe des Protestes. Der OpenVLD-Schöffe ist zuständig für Finanzen und den Mittelstand und hat die Konzessionsvergabe per Auktion durchgesetzt.
"Hier wird immer wieder vom "Freien Markt" schwadroniert", sagte einer der Demonstranten. Das sei doch blanker Unsinn. "Hier werden allenfalls Monopole begünstigt: Da kommt einer mit Geld daher und sagt: Ich will von 16 Stellplätzen zehn bekommen - und der kriegt sie dann auch." Diese "Menschen mit viel Geld", die bezeichnet man in der Branche gerne als "Frittenchinesen". Eben solche Frittenchinesen hätten auch schon den Markt in Löwen kaputtgemacht, indem sie eben mit viel Geld die schönsten Stellplätze übernommen hätten.
Ende letzter Woche kam es dann zum Showdown: Es gab eine erste Auktion - und gleich ein erstes prominentes Opfer. Die Frittüre "De Fritoloog" verlor ihren seit 25 Jahren angestammten Stellplatz. Die Betreiberin verlor im Auktionssaal die Fassung. Sie rastete völlig aus und brach danach zusammen. Die Frau musste ins Krankenhaus gebracht werden. Sie hatte einen regelrechten Schock erlitten. Zuvor war ihr Stellplatz für 14.500 Euro pro Jahr an einen neuen Interessenten gegangen. Sabrina und ihr Mann Steven hatten bislang 3.750 Euro bezahlt. Die Stellplatzmiete hatte sich plötzlich verdreifacht. An anderen Orten stieg der Preis von 10.800 auf 48.000 Euro, mehr als vier Mal so viel wie vorher.
Die Leute, die sich das leisten können, werden weniger Wert auf Qualität legen, sagte ein Friturist. Mit dem Resultat, dass es am Ende keine traditionelle Frittenbude mehr geben wird.
Roger Pint - Bild: Dirk Waem/BELGA
Belgien schafft sich mE immer mehr und mehr ab einschl. vieler alter Traditionen. Jetzt trifft es die Pommes-Buden-Betreiber, ups Fritten-Buden-Betreiber weil so manche Stadt langsam aber sicher am Spinner-Rad am drehen sind und nur mehr Geld Geld Geld sehen ohne Rücksicht drauf zu nehmen dass sie Existenzen durch ihr Verhalten vernichten. Ich hoffe ja nur für diejenigen die da unsummen für nen Budenstellplatz gezahlt haben, dass diese KEINE FRITTEN und co verkauft bekommen und somit sich selbst in den Ruin bringen, der Gedanke ist zwar fies meinerseits aber es würde diesen gerecht geschehen da sie auch die anderen in den Ruin getrieben haben.
Mensch Leute! Gibts echt keine anderen Probleme in diesem Land als Frittüren und das Wort rotlackierte "Teufel"?
Um Mißverständnissen aus den Weg zu gehen - den Frituristen muss wie allen Kleinunternehmen in Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs geholfen werden oder eine soziale Absicherung gegen Arbeitsplatzverlust garantiert werden.
Ansonsten mein Appell an die menschliche Vernunft - es gibt sicher größere Probleme in unserer Gesellschaft als die Frage, obs der Fritte "gut" geht. Haltet mal den Ball flach (ich meine jetzt nicht den Fußball oder vielleicht doch auch) - eine Fritte ist weder ein fühlendes Lebewesen noch biologisches Leben. Der nächste könnte genauso gut fragen, obs unseren Schrottmeilern noch gut geht ob wir schon alle "vor Freude am Strahlen" sind, weil sich demnächst Millionen von Mitteleuropäern im Grenzgebiet Euregio möglicherweise keine Gedanken mehr machen zu brauchen um die geplante (Nicht-)Rente mit 67 oder 72 Jahren.
A suivre...