Irrwitzige Anzeigen, abstruse Schadenersatzforderungen: Der Klageeifer der Amerikaner kennt keine Grenzen. Jetzt hat ein US-Bürger in Miami Klage gegen den Brauriesen AB Inbev eingereicht. Auslöser ist das belgische Spezialbier Leffe.
Der Amerikaner Henry Vazquez fühlt sich nach seinem Kauf getäuscht. An Geschmack und Qualität hat er nichts auszusetzen. Er bemängelt, dass es sich bei Leffe gar nicht um ein Abteibier handele, sondern um ein Industrieprodukt. Vazquez findet vor allem das Etikett auf den Leffe-Flaschen irreführend - mit dem Kirchturm des Klosters von Leffe und der Aufschrift „Abteibier anno 1240“. Er habe aber jetzt herausgefunden, dass das Bier gar nicht in der Abtei von Leffe bei Dinant gebraut werde, sondern in der Stella-Artois-Fabrik in Löwen.
Vazquez sagt, er sei getäuscht worden. Es handele sich um ein Industrieprodukt und er habe deswegen viel zu viel für sein Leffe gezahlt. Der Mann fordert jetzt Schadensersatz. Er hofft, dass sich andere Amerikaner anschließen und es zu einer Sammelklage kommt. Und er will, dass AB Inbev deutlich macht, dass das Leffe-Bier weder durch Mönche noch in einer Abtei gebraut wird.
Erfolgschancen der Klage
Die Anwältin des Klägers sieht natürlich gute Chancen auf Erfolg. Belgische Fachleute sind da deutlich zurückhaltender. Abteibier ist im Gegensatz zu "Trappisten-Bier" kein geschützter Begriff. Man muss im Grunde nur eine Verbindung zu einer Abtei haben – also das können historische oder geographische Gründe sein – und der Klostergemeinschaft einen Teil der Einnahmen zukommen lassen. Beim Leffe-Bier ist beides der Fall.
Aber die Klage ist in den USA eingereicht worden. Man weiß also nie. Übrigens genau beim selben Gericht in Miami, wo AB Inbev im vergangenen Jahr wegen einer Klagewelle gegen Becks einem Vergleich in Höhe von 20 Millionen Dollar eingewilligt hat. Das Problem mit dem deutschen Bier war allerdings ganz anders gelagert. Auf dem Etikett stand "deutsches Export-Produkt", obwohl Becks für den lokalen Markt in den USA gebraut wird. Das trifft auf das Leffe ja überhaupt nicht zu.
AB Inbev hat zu den Vorwürfen bislang keine Stellung bezogen. Im Internet sorgt das Thema aber bereits für Diskussionsstoff. Viele machen sich über den Kläger lustig. "Wieder ein Amerikaner, der nur auf Schadenersatz in Millionenhöhe aus ist", heißt es. "Der hat wohl zu viel Leffe getrunken", kann man auch lesen.
Auf die Schippe wird der Kläger auch genommen: Sowohl auf amerikanischen News-Seiten als auch in Belgien sind Kommentare zu lesen wie "Ups, mein Schokoriegel kommt gar nicht vom Mars" oder "Warum haben die M&M eigentlich keine Arme und Beine und können nicht sprechen – wie in der Werbung?!".
Blick in die Geschichtsbücher
Das Leffe-Bier wurde ursprünglich - seit 1240 - von Mönchen im Kloster Notre-Dame von Leffe in der Nähe von Dinant gebraut. Während der Französischen Revolution wurde die Abtei zerstört und erst Anfang des 20. Jahrhunderts wieder aufgebaut. Die Bier-Produktion ruhte seit 1794.
Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet das Kloster aber in Finanznöte und 1952 entschieden die Pater, gemeinsam mit einem Brauermeister aus Overijse, das Leffe-Bier nach Originalrezept wieder herzustellen. 1955 wurde die Marke Leffe von der Artois-Brauerei aus Löwen übernommen. Seit den 1990er Jahren wird am Standort Löwen gebraut. Bis heute übrigens mit ausdrücklicher Genehmigung der Mönche von Kloster Leffe.
Alain Kniebs - Bild: Benoit Doppagne/BELGA