Salah Abdeslam ist bei einem Anti-Terror-Einsatz in Molenbeek verletzt und gegen 16:40 Uhr festgenommen worden. Der 26 Jahre mutmaßliche Pariser Attentäter befand sich in einer Wohnung in der "Rue des Quattre Vents". Er wurde am Freitagabend in einem Brüsseler Krankenhaus an leichten Verletzungen am Bein behandelt.
Ein zweiter Verdächtiger wurde bei der Aktion ebenfalls verletzt. Wie die föderale Staatsanwaltschaft gegen 21:30 Uhr bestätigte, sei der Einsatz der Spezialkräfte um 20:30 Uhr beendet worden, während die Spurensicherung noch vor Ort sei.
Pressekonferenz von Charles Michel und François Hollande
Premierminister Charles Michel sagte gegen 20:30 Uhr bei einer Pressekonferenz, dass es neben Salah Abdeslam weitere Festnahmen gegeben hat. Die föderale Staatsanwaltschaft sprach später von insgesamt fünf Festnahmen - neben Salah Abdeslam und seinem Begleiter (Monir Alahaj Ahmed, auch bekannt unter dem falschen Namen Amin Shukri) seien drei weitere Personen festgenommen worden. Dabei handele es sich um Personen aus dem direkten Umfeld Salah Abdeslams, die dem mutmaßlichen Paris-Attentäter geholfen haben sollen.
Michel dankte den Ermittlern für ihren Einsatz. Die Festnahme von Salah Abdeslam sei das Ergebnis einer ganzen Reihe von Operationen im Laufe der letzten Wochen. In diesem Zusammenhang habe es rund 100 Hausdurchsuchungen gegeben, 58 Personen seien verhört worden. Bei den Einsätzen seien auch französische Polizisten beteiligt gewesen.
Michel unterstrich, dass die belgische und die französische Polizei sowie die Geheimdienste beider Länder eng zusammenarbeiteten. Diese Kooperation sei intensiv und am Freitagabend von einem wichtigen Erfolg im Kampf gegen den Terrorismus gekrönt worden. Mit der Verhaftung von Salah Abdeslam sei die Demokratie verteidigt worden.
Frankreichs Präsident François Hollande kündigte an, dass Frankreich die Auslieferung Salah Abdeslams beantragen werde. Außerdem mahnte Hollande, dass der Kampf gegen den Terror mit den Festnahmen vom Abend nicht beendet sei.
Es gelte weiterhin, das weit verzweigte Terrornetzwerk auszuheben. Ein Terrornetzwerk, das Hollande in direktem Kontakt zur Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien sieht. Daher müsse man davon ausgehen, dass es weitere schwer bewaffnete potentielle Attentäter in ganz Europa gebe.
Innenminister Jan Jambon sagte nach der Pressekonferenz in der RTBF, eine Auslieferung Salah Abdeslams sei eine gewöhnliche juristische Prozedur, da die schwerwiegendsten Verbrechen, die ihm zur Last gelegt werden, in Frankreich begangen wurden. Nichtsdestotrotz bezeichnete Eric Van der Sypt von der föderale Staatsanwaltschaft eine schnelle Auslieferung Abdeslams als "verfrüht".
Jambon will nun den Anti-Terror-Stab OCAM bitten, die Bedrohungslage im Land neu zu bewerten. Als Folge der Festnahmen vom Freitag könnte die Terrorwarnstufe drei möglicherweise abgesenkt werden.
Fingerabdrücke von Salah Abdeslam in Forest gefunden
Die Wohnung in Forest, sie hat die Ermittlungen im Zusammenhang mit den Pariser Anschlägen offensichtlich in eine Stromschnelle gebracht. Die Polizei hatte die Wohnung am Dienstag durchsuchen wollen. Man ging davon aus, dass sie leerstand. Stattdessen wurden die sechs Beamten aber von mindestens zwei schwer bewaffneten Terroristen empfangen, die sofort das Feuer auf die Polizisten eröffneten. Bei dem darauffolgenden heftigen Schusswechsel waren drei Beamte leicht verletzt worden.
In der Folge wurde einer der Terroristen erschossen, zwei weitere konnten fliehen. Sie entkamen offenbar über die Dächer. Unter diesen Flüchtigen könnte sich Salah Abdeslam befinden. Jedenfalls haben die Ermittler in der Wohnung Fingerabdrücke und DNA-Spuren von Abdeslam gefunden. Das bestätigte die Föderale Staatsanwaltschaft am Freitagnachmittag. Damit wäre einer der Hauptverdächtigen der Pariser Anschläge wohl zumindest bis vor Kurzem noch in Brüssel gewesen.
Der tote Terrorist wurde als ein gewisser "Mohammed El Belkaid" identifiziert, ein 35-jähriger Algerier, der in Belgien zuvor nur wegen eines Diebstahldeliktes aufgefallen war. Laut RTBF entpuppt sich dieser Belkaid jetzt aber als ein weiterer Hauptverdächtiger: Der Mann soll bislang als Samir Bouzid bekannt gewesen sein. Der hatte den überlebenden Pariser Attentätern vier Tage nach der Attacke Geld geschickt.
Forest: Getöteter Algerier wahrscheinlich Syrienrückkehrer
rtbf/mh/rop/okr - Bilder: Bruno Fahy, Dirk Waem, Thierry Rogge/BELGA