Polizisten, die in Handschellen abgeführt werden. Für jeden Polizei-Verantwortlichen oder Bürgermeister dürfte das wohl ein Albtraum sein. In Antwerpen ist am Mittwoch genau das passiert; gleich in vierfacher Ausführung. Vier Beamte der Lokalen Polizei Antwerpen wurden festgenommen. Zwei von ihnen wurden anscheinend sogar aus einem Klassenraum der Polizeischule herausgeholt und abgeführt, wo sie gerade einem Kurs folgten...
Die Geschichte ist so heikel, dass sich der Antwerpener Polizeichef Serge Muyters sogar per Videobotschaft an seine Mitarbeiter wandte: "Wir haben am gestrigen 16. März mehrere Polizeiinspektoren festgenommen", sagt Muyters zunächst lapidar.
Es war der Antwerpener Bürgermeister Bart De Wever, der zunächst mit der Info an die Öffentlichkeit ging. Per Kommuniqué allerdings. Darin stand zu lesen: "Bei den Ermittlungen geht es um schwerwiegende Vergehen, begangen durch Polizeibeamte in Ausführung ihres Amtes und in Uniform", schreibt De Wever, und er fügt hinzu: "Sollten sich diese Vorwürfe bewahrheiten, dann wäre das ein schwarzes Kapitel in der Geschichte unserer Polizei".
"Sehr schwerwiegende Vergehen"
Polizeichef Muyters benutzt in seiner Videobotschaft quasi dieselben Formulierungen, er spricht allerdings schon von "sehr schwerwiegenden Vergehen". Mehr hat man von den Antwerpener Verantwortlichen bislang nicht erfahren können. Die Medien im nördlichen Landesteil wollten sich damit naturgemäß nicht zufriedengeben. Was ist da los?
Nun, wenn es stimmt, was die VRT und einige Zeitungen da in Erfahrung bringen konnten, dann ist das schon ein dicker Hund: Im Zentrum stehen demnach eben vier Männer, die als Polizeiinspektoren arbeiteten. Die sollen systematisch von der schwachen Situation jener Menschen profitiert haben, die sich am Rand der Gesellschaft bewegen.
Insbesondere die Zeitung Gazet van Antwerpen hat - quasi als "Hauszeitung der Scheldestadt" den Fall mal recherchiert. Demnach muss es nach folgendem Muster abgelaufen sein: Die vier organisierten fingierte Razzien in Antwerpener Problemvierteln, wo sich viele Menschen bewegen, die sich etwa illegal in Belgien aufhalten. Die wurden dann aufgegriffen, mitgenommen, und in der Folge buchstäblich "abgezogen".
Fingierte Razzien
Die Polizisten setzten die Opfer solange unter Druck, bis die Geld und Wertgegenstände aushändigten. Und wer nicht spurte, der bekam im Polizeikombi auch schonmal eine kleine Abreibung. Das gleiche machten sie mit kleinen Drogendealern: die wurden ebenfalls solange drangsaliert, bis sie ihre Ware herausrückten. Danach wurden die Opfer dann irgendwo in der Stadt wieder laufen gelassen. Das alles eben während der Dienstzeit, in Uniform nebst Dienstwaffe - und diese angeblichen "Einsätze" tauchten freilich in keinem Bericht auf...
Dabei war natürlich einkalkuliert, dass diese Menschen aufgrund ihrer Situation nie im Leben Anzeige erstatten würden - und wenn sie es täten, würde ihnen das ohnehin niemand glauben, dachten sich die Täter wohl.
Wie oft sich solche Vorfälle ereignet haben, ist im Moment noch völlig offen. Anscheinend hatte sich die Gruppe vor allem ein Café ausgeguckt, wo es also ständig diese angebliche Razzien gab. Die Polizisten fuhren mit zwei Kombis vor und dann zogen sie ihre Nummer ab. Die Stammgäste hatten den Zinnober wohl irgendwann durchschaut; irgendwann begannen, Gerüchte über die zu kursieren. Laut Gazet van Antwerpen ging es sogar soweit, dass man sich in der Unterwelt schon überlegte, wie man sich an den Polizisten rächen konnte.
Einer der vier Beschuldigten wieder frei
Fakt ist: Irgendwann nahm auch die interne Dienstaufsicht diskrete Ermittlungen auf. Dabei wurden unter anderem die Telefone der Verdächtigen abgehört. Die Schlagzeilen am Donnerstag sind natürlich entsprechend: "Diebesbande in Uniform", heißt es da.
Die Polizisten waren am Donnerstag vor dem Haftrichter erschienen. Einer der Beamten ist mittlerweile unter Auflagen wieder auf freiem Fuß. So bleibt er vom Polizeidienst suspendiert. Die anderen drei Beamten bleiben in Gewahrsam.
Bei der Anhörung wurden auch konkreten Vorwürfe offiziell bekannt. So sollen die Polizisten Flüchtlinge und Papierlose während ihrer Dienstzeit bedroht, erpresst und bestohlen haben.
vrt/rop/km/okr/mg - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)
Es bedarf wohl einer kompletten Überprüfung der gut bezahlten Polizeibeamten, welche sämtliche Privilegien und ein Rundumsorglospaket des Sozialstaates, also von uns dem Steuerzahler genießen. Nicht jeder Uniformierte verhält sich bürgernah wie in unseren Gemeinden der gute alte Dorfpolizist der noch anständiges Verhalten zu seinen Bürgern pflegt.
Wenn es um Flüchtlinge oder gegen Ausländer allgemein geht, wird keine Aktivität und kein Aufwand bishin zur öffentlichen Maschinengewehr- und Panzerschau in den Städten gescheut koste es was es wolle, aber wenn es um die Ermittlung von Naziterroristen geht, scheint man auf einmal "nicht in der Lage" zu sein, den Aufgaben der Strafverfolgung rechtsextremistischer Verbrechen nachzukommen.
Ist man auf dem rechten Auge blind? Honi soit qui mal y pense!