Louis Michel ist für sein zuweilen cholerischen Gemüt bekannt. Der ehemalige EU-Kommissar und Vater des amtierenden Premierminister kann eben schonmal die Kontenance verlieren.
Sein jüngster Auftritt im EU-Parlament ist aber geradezu denkwürdig. Die dänische Außenministerin war ins EU-Parlament gekommen, um die umstrittene Verschärfung des dänischen Asylrechts vorzustellen - demnach kann die Polizei künftig unter anderem Wertgegenstände oder Bargeld von Asylbewerbern beschlagnahmen, sofern deren Wert umgerechnet rund 1.300 Euro übersteigen. Auf diese Weise sollen Flüchtlinge also ihre Unterbringung mitfinanzieren.
Kaum war die Präsentation vorbei, da wollte die ungarische Ausschussvorsitzende die Sitzung auch schon schließen. Michel und andere forderten dagegen eine tiefergehende Debatte. Als die Präsidentin das ablehnt, rastete Michel aus.
Das sei eine Scheindebatte, brüllte Michel mit hochrotem Kopf. "Sie sollten sich schämen!" Die ungarische Ausschussvorsitzende wolle die Diskussion abwürgen, so Michels Vorwurf. Dabei würden hier europäische Grundwerte in flagranter Weise verletzt... Dies sei reine Symbolpolitik, so Michel. Was ein Wertgegenstand sei oder nicht, obliege einzig und allein der Willkür der dänischen Polizei.
Michel kritisierte vor allem die Art und Weise der 70-minütigen Debatte. Die dänischen Minister hätten die Fragen der EU-Parlamentarier nicht ausreichend beantwortet.
Michel, dessen liberale MR derselben Fraktion angehört wie die dänische Venstre, sagte, er könne einige Argumente der Minister verstehen. Viele Fragen blieben aber offen. Es sei ein Hohn, wie Dänemark mit den europäischen Werten umgehe. Das sei keine Demokratie.
le soir/orf/dop/rop - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)