"Stille Nacht" wird heute wieder in vielen Kirchen erklingen. Es ist das Weihnachtslied schlechthin. Viele kommen nur einmal im Jahr in die Kirche und bei der Christmette darf die stille Nacht nicht fehlen. Vielerorts findet die Messe an Heiligabend aber gar nicht mehr um Mitternacht statt, sagt der Lütticher Priester Jean-Pierre Pire. "In den Stadtvierteln und Dörfern, in denen viele junge Familien mit Kindern wohnen, findet die Messe an Heiligabend vermehrt bereits am späten Nachmittag statt", sagt der Pastor.
Andere Pfarren halten dagegen - koste es, was es wolle - an der Tradition fest. So ergeht es auch diesem Geistlichen. "Sollte ich die Christmette vorverlegen, dann würden mich die Gläubigen in meiner Pfarre verjagen…"
Im Rest des Jahres sind viele Kirchenbänke nur dicht gefüllt, heute droht es dagegen wieder richtig eng zu werden. Über so viel Zuspruch freuen sich die meisten Pastoren ganz besonders. Auch Jean-Pierre Pire, der viele "verlorene Schäfchen" auf einmal wiedersieht… "Alle Priester werden dieses Phänomen bestätigen können", meint Pire. "Egal, wann die Messe an Weihnachten stattfindet: Die Kirche ist immer voll". Bis zu 500 Menschen würden an jeder Feier teilnehmen.
Wegen der weiterhin erhöhten Terrorgefahr sollen viele Kirchen heute – vor allem in Brüssel – stärker bewacht werden. Das wird ganz sicher der Fall sein für die Christmette in der Kathedrale von Sankt Michael und Sankt Gudula in der Brüsseler Innenstadt. Dort wird der neue Erzbischof Jozef De Kesel seine erste Predigt halten. Im Vorfeld hat er schon für eine kleine Überraschung gesorgt. Er fordert, dass die katholische Kirche den Frauen mehr Platz einräumt. Er werde das zur Chefsache machen und sich persönlich dafür im Vatikan einsetzen, sagte De Kesel im VRT-Radio.
Schon heute gebe es Möglichkeiten, engagierten Frauen mehr Verantwortung innerhalb der Kirche zu geben. Geht es nach Erzbischof De Kesel, dann könnten Frauen sogar zum Diakon geweiht werden. Er wolle aber keine Versprechen machen, die er nicht halten könne. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit habe Rom.
Alain Kniebs - Illustrationsbild: privat