Es wird Zeit, dass wir zugegeben, dass wir ein Problem haben, sagt Imade Annouri, Abgeordneter von Groen, den flämischen Grünen. Und dieses Problem, das hat einen Namen: Racial Profiling. Man spricht hier auch von "ethnischem Profiling". Heißt auf Deutsch: Die Polizei soll mit Vorliebe Menschen mit Migrationshintergrund kontrollieren, die also etwa ein "nordafrikanisches" Aussehen haben.
Fall in Kortriijk: Mutmaßlicher Fahraddiebstahl
Dieser Vorwurf steht seit einigen Wochen immer mal wieder im Raum. Da gab es etwa den Fall der drei Jungs aus Kortriijk, zwölf bis 14 Jahre alt, die sich an einem Fahrrad zu schaffen machen. Plötzlich werden sie von Polizisten überwältigt: gezogene Waffen, Handschellen, das volle Programm. Die Szene wurde von einem Passanten gefilmt. Die Bilder sind doch beeindruckend... "Das war echt übertrieben. Ich hab' deswegen nachts wachgelegen", sagt der 14-jährige Alessandro, sichtlich geschockt.
Später stellt sich heraus, dass es das Fahrrad von einem der Jungs war. Sie bekamen das Schloss nicht auf. Die drei haben afrikanische Wurzeln... Eine Entschuldigung für das Missverständnis gab es nicht.
Fall in Wijnegem: Mutmaßlicher Terrorverdächtiger
Im Fall des 18-jährigen Yassine war nicht mal ein Fahrrad im Spiel. Er schlenderte nur durch ein Einkaufszentrum in Wijnegem bei Antwerpen, als er plötzlich von Polizisten ziemlich unsanft angegangen wird. Plötzlich hatte er eine Pistole vor der vor der Nase. "Auf die Knie, auf die Knie", riefen die Beamten.
Yassine wusste überhaupt nicht, wie ihm geschah. Alles ging rasend schnell. 20 Minuten saß er da, auf den Knien, wurde durchsucht. Wie sich später herausstellte, entsprach der junge Mann marokkanischer Abstammung offensichtlich der Personenbeschreibung eines Terrorverdächtigen. Auch hier: keine Entschuldigung.
Mit Socken im Regen: Fall des flämischen Schauspielers Zouzou Ben Chikha
Für richtig Wirbel sorgt jetzt der Fall von Zouzou Ben Chikha. Das hat wohl auch damit zu tun, dass er ein in Flandern recht bekannter Schauspieler ist. Der Mann mit tunesischen Wurzeln spielte gerade noch in einer VRT-Erfolgsserie mit.
Die Polizisten hatten die Sendung offenbar nicht gesehen. Am Sonntagabend wurde er ziemlich harsch kotrolliert, wie er selber sagt. Hier war es, sagte er einem VRT-Reporter später am Ort des Geschehens. Plötzlich standen die Polizisten auf. "Hopp, Schuhe aus", hieß es dann. "Ich musste meinen ganzen Krempel auf den Boden legen und stand dann mit Socken im Regen".
Gedemütigt habe er sich gefühlt, sagt Zouzou Ben Chikha. Als sich das Ganze als Missverständnis erweist. "Kein Wort der Erklärung oder Entschuldigung".
Vorfälle werfen Fragen auf - Polizeiliche Vorgehensweise nicht richtig
Das sei doch nur die Spitze des Eisbergs, sagte der Groen-Parlamentarier Imade Annouri in der VRT. Und er habe jetzt wirklich genug davon. All diese Vorfälle, die werfen doch langsam Fragen auf. Also, damit das klar sei, sagt Imade Annouri. Er habe vollstes Verständnis für die Polizei. Der Job der Beamten sei bestimmt nicht leicht. Nur manchmal stimme eben die Vorgehensweise nicht.
Und er meint das, was sich wie ein roter Faden durch die verschiedenen Geschichten zieht: ein Kommunikationsproblem nämlich. Es gebe nie ein Wort der Erklärung oder der Entschuldigung. "Ab dem Augenblick, wo sich erweist, dass ich unschuldig bin, will ich auch so behandelt werden", sagt Imade Annouri.
Und jeder Vorfall sorge für einen neuen Kratzer im Image der Polizei, glaubt der Grünenpolitiker. Gerade in diesen Zeiten brauchen wir Vertrauen. Mit solchen Geschichten erreiche man aber genau das Gegenteil.
Er hoffe jedenfalls, dass die Polizei und auch ihre Bürgermeister in Zukunft auch mal dazu in der Lage sind, Fehler zuzugeben. Denn nur dann sei auch eine Sensibilisierung für die Problematik möglich. Eigentlich sollte es so sein, dass jeder Polizist die Anti-Diskriminierungs-Gesetzgebung genauso gut kennt wie die Straßenverkehrsordnung.
Roger Pint - Illustrationsbild: John Thijs (afp)