Abdelhamid Abaaoud – der Belgier marokkanischer Abstammung gilt als Drahtzieher der verheerenden Anschläge von Paris. Möglicherweise ist der 28-Jährige beim Anti-Terror-Einsatz von Saint-Denis am Mittwoch ums Leben gekommen. Die Leichname konnten aber wegen der heftigen Explosion – ausgelöst durch eine mutmaßliche Terroristin – noch nicht identifiziert werden.
Zwei ranghohe Vertreter des belgischen Geheimdienstes gehen jedoch davon aus, dass Abaaoud in den Trümmern der Wohnung getötet wurde. Das konnte der Pariser Staatsanwalt bei seiner Pressekonferenz gestern Abend zwar nicht bestätigen, dafür machte er aber neue Angaben zum Netzwerk der Terroristen. Im Mittelpunkt stehen radikale Islamisten aus Molenbeek.
Sechs Tage nach den mörderischen Anschlägen können die Ermittler die Puzzlestücke langsam zusammenfügen. Inzwischen ist klar: Die blutigen Anschläge wurden von drei Attentäter-Gruppen verübt, die ihre Aktionen aufeinander abgestimmt haben, sagt der Pariser Staatsanwalt François Molins.
In den Hauptrollen die Gebrüder Abdeslam aus Molenbeek: Brahim, der sich vor dem Stade de France in die Luft sprengte und sein Bruder Salah, der seit Samstag flüchtig ist. Die beiden haben nicht nur die Hotelzimmer für die Attentäter in Paris gebucht, sie haben auch die Tatfahrzeuge bei einer belgischen Mietwagenfirma besorgt. Der VW Polo, der Seat und der Renault Clio seien am Vortag der Anschläge hintereinander aus Belgien kommend im Großraum Paris eingetroffen, sagt Molins.
Ein Mobiltelefon, das einer der Attentäter in der Nähe des Konzertsaals „Bataclan“ weggeworfen hatte, habe bei den Ermittlungen für den Durchbruch gesorgt. Mittlerweile sei auch klar: Die Terroristen hätten nicht nur über ein beeindruckendes Waffenarsenal verfügt, sondern sich auch ein umfangreiches, logistisches Netzwerk aufgebaut.
Dass die Zelle weitere Anschläge plante und wie gefährlich sie ist, habe der gestrige Zugriff in Saint-Denis gezeigt. Eine Stunde lang seien die Spezialeinheiten der Polizei aus der Wohnung heraus beschossen worden. Außerdem zündete eine der Terroristinnen ihren Sprengstoffgürtel und sorgte damit für eine gewaltige Explosion, bei der mindestens ein anderes Mitglied der Bande ums Leben kam.
Mehr als 5.000 Schuss Munition hätten die Sondereinheiten der Polizei auf die Wohnung, in der sich die Terroristen verschanzt hatten, abgefeuert. Insgesamt acht Verdächtige wurden festgenommen. Der Einsatz galt insbesondere Abdelhamid Abaaoud. Telefonabhörungen hätten ergeben, dass der vermeintliche Drahtzieher der Anschläge sich nicht mehr in Syrien, sondern im Großraum Paris aufhalte.
Wegen der Schwere der Explosion sei die Identifikation der Leichen besonders schwierig. Unter den Festgenommenen sei aber weder Abaaoud noch der flüchtige Salah Abdeslam, sagt Staatsanwalt Molins. Ranghohe Vertreter der belgischen Geheimdienste gehen inzwischen aber davon aus, dass Abaaoud – Kampfname Abu der Belgier – tatsächlich bei der Razzia in Saint-Denis ums Leben gekommen ist.
ak - Bild: AFP