Die Terrorserie von Paris mit fast 130 Todesopfern ist nach französischen Erkenntnissen von Islamisten in Syrien organisiert und geplant worden. Dies gab Premierminister Manuel Valls am Montag bekannt. Drahtzieher war nach Medienberichten der polizeibekannte Belgier Abdelhamid Abaaoud, der in Syrien für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kämpfen soll.
Früher lebte der meistgesuchte Islamist Belgiens in dem als Islamistenhochburg bekannten Brüsseler Stadtteil Molenbeek. Dort gab es am Montagmittag erneut groß angelegte Razzien schwer bewaffneter Spezialkräfte.
Auch in Frankreich gab es landesweit mehr als 150 Hausdurchsuchungen. Dabei wurden mehrere Menschen festgenommen und Waffen gesichert. Ziel war die Verhinderung weiterer Anschläge, wie Valls dem Sender RTL sagte. Innenministers Bernard Cazeneuve sagte dem Sender France 2, er wolle Moscheen schließen, in denen radikales Gedankengut verbreitet werde, und "Hass predigende" Imame des Landes verweisen. Bei einer Razzia in Lyon fand die Polizei unter anderem einen Raketenwerfer.
Bei der Terrorserie am Freitagabend waren mindestens 129 Menschen getötet und mehr als 350 weitere verletzt wurden. Sieben Angreifer starben. In einer nicht verifizierten Erklärung hatte sich die Terrororganisation IS zu den Bluttaten bekannt, die weite Landstriche in Syrien und dem Irak beherrscht.
Zumindest ein Verdächtiger ist noch auf der Flucht. Frankreichs Behörden sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, die Flucht dieses mutmaßlichen Terrorkomplizen begünstigt zu haben: Demnach stoppten Polizisten den 26-Jährigen Salah Abdeslam und zwei weitere Personen nur Stunden nach den Anschlägen in einem Auto nahe der belgischen Grenze, ließen sie aber schließlich weiterfahren. Die belgische Justiz hat den 26-Jährigen international zur Fahndung ausgeschrieben. Befürchtet wird, dass eine ganze Gruppe abgetaucht sein könnte.
Salah Abdeslam ist der Bruder eines Selbstmordattentäters aus dem Pariser "Bataclan". Er ist weiter auf der Flucht. Der Mann hatte den VW-Polo gemietet, mit dem die Terroristen zur Pariser Konzerthalle „Bataclan“ gefahren waren. Der dritte Abdeslam-Bruder, ebenfalls aus Molenbeek, ist am Montag wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Er habe ein Alibi für die Tatzeit, erklärte seine Anwältin.
Von den sieben in Molenbeek in Gewahrsam genommenen Personen werden zwei der Teilnahme an einem terroristischen Anschlag und der Teilnahme an Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung beschuldigt. Der Untersuchungsrichter erließ Haftbefehl. Die fünf anderen kamen auf freien Fuß. Das erklärte am Nachmittag die föderale Staatsanwaltschaft. Die Polizeiaktion am Montagmittag in Molenbeek blieb offenbar ergebnislos und führte zu keinen Festnahmen im rechtlichen Sinne.
Über die sieben getöteten Angreifer werden unterdessen immer mehr Details bekannt. Gegen einen weiteren Attentäter aus dem Rockclub "Bataclan", den in Paris geborenen Samy Amimour, wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft im Oktober 2012 wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Damals soll er auch geplant haben, in den Jemen zu reisen. Im Herbst 2013 tauchte Amimour unter. Der 28-Jährige hat sich dann vor etwa zwei Jahren nach einer Phase der Radikalisierung in Syrien aufgehalten, berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Familienmitglieder.
Türkische Sicherheitskräfte haben nach Angaben aus Regierungskreisen einen weiteren Attentäter, Omar Ismaïl Mostefaï, bereits vergangenes Jahr als Terrorverdächtigen identifiziert. Dies sagte ein Regierungsbeamter in Ankara der Deutschen Presse-Agentur. Der 29-Jährige Franzose war offiziell als einer der "Bataclan"-Attentäter identifiziert worden. Der mehrfach vorbestrafte Kleinkriminelle war den Behörden wegen seiner Radikalisierung bekannt.
dpa/okr - Bild: Dirk Waem (belga)