Immer wenn's um Terrorismus geht, dann fällt der Name Molenbeek, konnte Premier Michel nur feststellen. Und das sei ein "gigantisches" Problem. 'Gigantisch' scheint das Problem in der Tat zu sein. Am Wochenende hatte die Polizei bereits eine Reihe von Razzien durchgeführt, die meisten von ihnen eben in Molenbeek. Dabei sind mindestens sieben Männer festgenommen worden, wie die Föderale Staatsanwaltschaft mitteilte. "Mindestens", das muss man hinzufügen, denn im Moment ist nicht klar, ob es nicht längst mehr sind.
In den letzten Stunden war nämlich immer wieder von Polizeiaktionen in Molenbeek die Rede. Gerade am Vormittag gab es wieder Meldungen über eine Razzia. Zunächst hieß es, dabei seien auch Schüsse gefallen; sogar von "Explosionen" war die Rede. Die Polizei stellte später klar, dass bei dem Einsatz Gas- bzw. Blendgranaten zum Einsatz gekommen sind. Bislang soll dabei ein Mann festgenommen worden sein.
Momentweise gab's auch Gerüchte über eine angebliche Schießerei im Brüsseler Regierungsviertel. Auch das wurde dementiert. Offenbar ging's um eine Bombendrohung. Da scheinen wohl dem einen oder anderen die Sicherungen durchgebrannt zu sein. Das zeigt allerdings, wie angespannt die Lage ist.
Nicht ganz zu Unrecht, allerdings. Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve zeigte am Sonntagabend schon mit dem Finger auf Belgien: "Die Pariser Anschläge, sie seien wohl im Ausland geplant worden, rund um eine Gruppe in Belgien".
Im Fokus steht hier vor allem ein Mann: Salah Abdeslam, 26 Jahre alt, französischer Staatsbürger, wohnhaft in Molenbeek. Er soll eins der Fahrzeuge angemietet haben, das von den Attentätern benutzt wurde. Sein Bruder, der ebenfalls in Molenbeek wohnte, soll sich am Freitag in Paris in die Luft gesprengt haben. Das haben die französischen Behörden auch bestätigt.
Salah Abdeslam ist weiterhin flüchtig. Nach ihm wird international gefahndet. Die Zeitung La Dernière Heure nannte ihn am Montag den "Staatsfeind Nummer eins". Abdeslam hat möglicherweise eine tragende Rolle bei der Planung der Attentate gespielt. Einigen Quellen zufolge soll er sogar an den eigentlichen Anschlägen beteiligt gewesen sein. Einen Moment lang hieß es sogar, der Mann sei im Zuge der Razzia festgenommen worden; die Meldung wurde aber von der föderalen Staatsanwaltschaft dementiert.
Auch ein anderer Selbstmordattentäter von Paris soll aus dem Großraum Brüssel stammen. Dabei soll es sich um Bilal Hadfi; der soll sich am Freitag am Stade de France in die Luft gesprengt haben.
Nach Informationen der Zeitung De Standaard stellen Ermittler inzwischen aber auch einen Zusammenhang mit der Terrorzelle von Verviers her, die Anfang Januar ausgehoben wurde. Die bisher identifizierten verdächtigen bzw. toten Terroristen seien allesamt Freunde von Abdelhamid Abaaoud. Der galt als Gehirn hinter der Vervierser Zelle. Als die im Januar von der Polizei ausgehoben wurde, setzte sich Abaaoud nach nach Syrien ab. Eben dieser Abdelhamid Abaaoud könnte also auch der Drahtzieher hinter den Anschlägen von Paris. Auch Abaaoud ist geboren und aufgewachsen in Molenbeek.
Roger Pint - Bild: Benoit Doppagne (belga)