Marie Peltier kann es immer noch nicht wirklich glauben. Am Montag schellt das Telefon, am Ende der Leitung: ihre Bankfiliale, die wissen will, weswegen sie mit dem Thalys nach Paris gefahren ist. Wie bitte?, hat da wohl Marie Peltier erwidert. Sie beantwortet die Frage erstmal nicht, sondern bittet um einen Gesprächstermin.
Am nächsten Tag wird sie also in der Bankfiliale vorstellig. dort erklärt man ihr den Grund für die doch seltsame Frage. "Ich hatte es mir schon gedacht", sagt die Peltier. "Ich hatte an einer Konferenz teilgenommen, bei der es um den Syrienkonflikt ging. Deshalb eben die Bitte um Erläuterung." Tatsächlich ist es so, dass Marie Peltier eine anerkannte Nahostexpertin ist, deswegen wurde sie von der Hilfsorganisation Syria-Charity nach Paris eingeladen, um dort im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung das Wort zu ergreifen.
So weit, so gut. Nur wieso wusste die Bank davon? Wenn man einfach nur Thalys-Tickets bestellt, dann steht da ja nicht drauf, wo man hinfährt. "Da ist wohl das eine zum anderen gekommen", sagt Marie Peltier. In der Zwischenzeit habe ihr nämlich der Veranstalter der Gala in Paris eine Aufwandsentschädigung überwiesen - die Erstattung der Kosten für Zug und Hotel. Und im Betreff stand: "Thalys, Syrien".
"Thalys und Syrien, der Cocktail war der Bank wohl offensichtlich zu explosiv", sagt Marie Peltier. So richtig drüber lachen kann die Menschenrechtsaktivistin aber nicht. Erstmal sei das symptomatisch: Hier werde Syrien automatisch mit "Terrorismus" gleichgesetzt, wegen dieser Vermischung bekämen Hilfsorganisationen schon seit Jahren von den Banken Steine in den Weg gelegt. "Wenn sie Probleme mit einer Bank haben wollen, dann müssen Sie nur 'Syrien' in den Betreff schreiben", sagt Marie Peltier.
Davon abgesehen kann Marie Peltier nur schwer akzeptieren, dass sich die Bank hier quasi zum Polizisten aufschwingt. "Und wer nicht kollaboriert, der hat ein Problem", sagt die Frau. BNP-Paribas-Fortis verweigere ihr nämlich weiterhin die Auszahlung ihrer Aufwandsentschädigung.
BNP-Paribas-Fortis rechtfertigt sein Vorgehen mit der "neuen Erwartungshaltung der Gesellschaft", der internationalen Lage und letztlich auch mit den gesetzlichen Bestimmungen. So wird tatsächlich von den Banken erwartet, dass sie sich am Kampf gegen Terrorismus oder Geldwäsche beteiligen.
Roger Pint - Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA