Bereits in 1960er Jahren konnten die Französischsprachigen über sich selbst und ihre Englischkenntnisse lachen. In der Zwischenzeit hat sich Englisch aber definitiv als Weltsprache durchgesetzt. Gerade in der Wirtschaftswelt oder auch in der IT-Branche geht es eigentlich nicht mehr ohne Englisch. Genau deswegen versucht das Unternehmen "Education First" seit einigen Jahren, die Englischkenntnisse in der Welt zu ermitteln und zu klassifizieren. Als Anbieter unter anderem von Sprachkursen ist die Firma quasi an der Basis.Man nimmt also die Englischkenntnisse von mehr als 900.000 Kursteilnehmern in über 60 Ländern unter die Lupe. Heraus gekommen ist der sogenannte EPI-Index.
In der diesjährigen EPI-Rangliste zeigt sich da für Belgien aber eine fast schon spektakuläre Entwicklung: ein Absturz von Platz neun auf Platz 17, und das innerhalb von nur einem Jahr. Das bedeutet nicht, dass den Belgiern über Nacht ihre Englischkenntnisse abhandengekommen wären. Andersherum, sagt Thibaut Hardelay, Sprecher von Education First: "Die Belgier haben sich nicht verbessert - im Gegensatz zu anderen Ländern, wo Englisch noch konsequenter gefördert wird. So wurde Belgien etwa von Deutschland und Österreich überholt."
Die Hitparade umfasst insgesamt 70 nicht englischsprachige Länder. Auf den ersten Plätzen sind allesamt nordeuropäische Länder: Schweden, Holland, Dänemark, Norwegen und Finnland. Luxemburg ist übrigens auf Platz acht, Deutschland auf Platz elf.
Flandern vs. Wallonie
Würde man die Belgier nach Sprachgruppen getrennt beurteilen, dann ist das Resultat wenig überraschend: die Flamen schneiden deutlich besser ab als die Frankophonen. In der Rangliste würden sie Platz zehn belegen. Englisch ist in Flandern nicht mehr das Problem, bestätigte in der RTBF auch Olivier Dufour, Direktor einer Rekrutierungsfirma. Vor allem bei jungen Flamen müsse man allerdings feststellen, dass die Englischkenntnisse quasi auf Kosten des Französischen gegangen seien. Weniger Französisch bei den Flamen, dafür mehr Englisch.
Das muss nicht unbedingt nur an den Schulen liegen. Experten sehen in den Zeitungen Le Soir und La Libre Belgique noch eine andere mögliche Ursache: In Flandern werden Filme viel häufiger im englischen Originalton ausgestrahlt, mit Untertiteln. Das gilt auch für Skandinavien oder Holland. Die Menschen haben die englische Sprachmelodie viel stärker im Ohr. Es sei quasi eine kleine Immersion, schreibt Le Soir. Genau da sehen denn auch Pädagogen in Belgien noch Luft nach oben, insbesondere im frankophonen Landesteil.
Die frankophonen Belgier würden bei diesem EPI-Index zwar tatsächlich zehn Plätze hinter den Flamen landen, auf einen aber immer noch mehr oder weniger "ehrenwerten" 21. Platz. "Ehrenwert", weil sie damit weit vor den südlichen EU-Ländern rangieren - Italien etwa steht auf Platz 28, Frankreich gar auf Platz 37.
Übrigens: Die DG sei zwar durchaus in der Studie berücksichtigt worden, sagte ein Sprecher auf Anfrage des BRF. Die untersuchte Gruppe war aber zu klein für eine Hochrechnung.
Roger Pint - Bild: Etienne Ansotte (belga)