Seit Monaten schwelt in Linkebeek ein neuer gemeinschaftspolitischer Brandherd. Bei der letzten Kommunalwahl 2012 erlangten der frankophone MR-Politiker Damien Thiéry und seine "Bürgermeisterliste LVB" mit 13 von 15 Sitzen die absolute Mehrheit. Zur Erinnerung: Linkebeek ist eine der sechs Brüsseler Randgemeinden mit Spracherleichterung. Sie befinden sich in Flämisch Brabant, die Einwohner sind aber größtenteils französischsprachig. Ihnen werden einige sogenannte "Spracherleichterungen" zugestanden. So können sie unter anderem alle administrativen Angelegenheiten in ihrer Muttersprache regeln.
In der Sprachengesetzgebung liegt dann auch in gewisser Weise der Ursprung des aktuellen Konflikts. Ex-Bürgermeister und Wahlgewinner Damien Thiéry soll eben diese nicht beachtet haben. Die Wahlaufforderungen habe er immer wieder auf Französisch verschickt, und das ist in flämischen Gemeinden grundsätzlich nicht erlaubt. Flanderns Innenministerin Lisbeth Homans (N-VA) weigerte sich Thiéry als Bürgermeister zu ernennen. Anfang Oktober dann der Paukenschlag. Homans ernennt Oppositionspolitiker Eric de Bruycker von der Liste Prolink auf den Bürgermeistersessel. Gerade mal 168 Stimmen hatte der bei den Wahlen erzielt. Zum Vergleich: bei Damien Thiéry waren es 1200. Die Reaktionen in Politik und Medien waren dementsprechend.
Am Montagabend dann das nächste Kapitel in der Saga Linkebeek: Die Rücktrittsforderung an die Adresse von Bürgermeister De Bruycker war schon im Vorfeld bekannt geworden. Die Spannung lag also in der Luft. Sogar die Polizei war anwesend. Viele Journalisten wurden erst gar nicht in den Sitzungssaal gelassen. Darunter auch die Kollegen von der rtbf. Zugelassen waren mehrheitlich flämische Journalisten. Für Thiéry ein Angriff auf Pressefreiheit und Demokratie. Im Sitzungssaal hingen auch einige Schilder, auf denen "Welkom in onze Vlaamse Gemeente" (Willkommen in unserer flämischen Gemeinde) zu lesen war.
Neuwahlen innerhalb von 50 Tagen
De Bruycker und sein Prolink-Kollege Rik Otten weigern sich zurückzutreten. Das Spiel von Damien Thiéry wollen die beiden Flamen nicht mitspielen. Daraufhin tritt die Mehrheit geschlossen zurück. Linkebeek ist damit faktisch unregierbar. Jetzt soll es Neuwahlen geben und zwar innerhalb von 50 Tagen. Ob es die allerdings gibt, ist fraglich. Rechtsexperten sehen da noch juristische Hindernisse, da Neuwahlen entweder vom Gemeinderat beschlossen werden müssen, der aber handlungsunfähig ist, oder von der Flämischen Regierung. Die müssten dann allerdings ihre Entscheidung, De Bruycker auf den Bürgermeistersessel zu hieven, zumindest symbolisch revidieren. Flanderns Ministerpräsident Geert Bourgeois (NVA) hat dann auch wenig Verständnis für die Reaktion der Frankophonen. Zuerst zurücktreten und sich dann wiederwählen lassen wollen. Das sei ja wohl keine Lösung.
Auch der Föderale Innenminister Jan Jambon (N-VA) ist deutlich. Wenn es Neuwahlen geben sollte, dann sei das Sache des aktuellen Bürgermeisters und der flämischen Regierung. Damien Thiéry sei zwar ein sympathischer Mensch, aber die Entscheidung liege trotzdem bei der flämischen Regierung.
Bei Prolink werde man sich jetzt in einigen Tagen zusammensetzen und schauen in welche Richtung es gehen soll. De Bruycker sollte als Minenräumer dienen. Dass es so schwierig würde hätte er selbst nicht gedacht. Ob er überhaupt Bürgermeister bleiben will, ist ebenfalls fraglich. "Wenn ich zurücktreten soll, und die Minister das so fordern, dann bleibe ich diensttuender Bürgermeister bis ein neuer Bürgermeister eingesetzt wird", so De Bruycker. Und das kann mitunter noch sehr lange dauern. Denn ob der Frankophone Damien Thiéry von der Flämischen Regierung jemals als Bürgermeister ernannt wird, das steht in den Sternen.
Volker Krings - Bild: Laurie Dieffembacq ((belga)