Soviel vorweg: Für diejenigen, die bis zum 31. Dezember dieses Jahres einen Wohnungskredit aufgenommen haben, für die ändert sich nichts. Sie kommen bis zum Ende der Kreditlaufzeit in den Genuss des bisherigen Wohnbonus'. Aber: Der Höchstbetrag, der steuerlich geltend gemacht werden kann, wird nicht mehr indexiert.
Ab dem kommenden 1. Januar 2016 heißt es dann aber auch in der Wallonie: "Der 'Wohnbonus' ist tot, es lebe der 'Wohnungsscheck'!". Den bekomme jeder, der zum ersten Mal ein Eigenheim erwirbt, sagt der zuständige Regionalminister Paul Furlan. Entscheidende Neuerung sei aber, dass das System jetzt viel besser als bisher auf die jeweilige Situation der Menschen zugeschnitten sei.
Der 'Wohnbonus', das war wohl ein nicht unwesentlicher Grund dafür, dass der Belgier den sprichwörtlichen "Ziegelstein im Bauch" hat. Wohnungskredite konnten ja steuerlich geltend gemacht werden, und das bescherte vielen Hausbesitzern für die Dauer der Laufzeit des Darlehens eine stattliche Steuerrückzahlung. Nur: Das System war an seine Grenzen gestoßen, in Zeiten leerer Kassen war es am Ende quasi unbezahlbar geworden. Das wusste jeder; und deswegen war eine Reform denn auch vorprogrammiert.
Die Sechste Staatsreform lässt grüßen
Den Anlass lieferte letztlich die Sechste Staatsreform: Die Zuständigkeit ging an die Regionen, und die konnten dann - gemäß ihrer Prioritäten - den Wohnbonus neu gestalten. Flandern und die Region Brüssel haben jeweils schon ihr neues System präsentiert, jetzt hat also die Wallonie nachgezogen.
"Wir wollten erst einmal einige Absurditäten aus der Welt schaffen", sagte der wallonische PS-Ministerpräsident Paul Magnette in der RTBF. Als Beispiel nannte er, dass bislang das Einkommen der Antragsteller überhaupt nicht berücksichtigt worden sei. Das hatte dann zur Folge, dass auch diejenigen in den Genuss des Wohnbonus kamen, die sich ein Schwimmbad in den Garten setzten oder einen Wintergarten. Das war natürlich nicht Sinn der Sache.
Das Einkommen ist entscheidend
Man hört es schon raus: Ab dem 1. Januar wird also insbesondere das Einkommen berücksichtigt. Aber auch die familiäre Situation. Die Wallonie wolle die zur Verfügung stehenden Gelder gezielter verteilen, sagt Paul Magnette. Priorität hätten dabei insbesondere Familien und Haushalte mit kleineren Einkommen, um es eben auch ihnen zu ermöglichen, ein Eigenheim zu erwerben.
"Doch Vorsicht", sagt der CDH-Vize-Ministerpräsident Maxime Prévot: Das bedeute nicht, dass die Mittelklasse außen vor bleibe. Im Gegenteil: Die Wohnungsschecks gelten für alle, die weniger als 81.000 Euro netto verdienen. Heißt: 96 Prozent der Wallonen können in den Genuss des Systems kommen.
Die Höhe des Steuervorteils, die hängt dann aber eben von der individuellen Situation des Antragstellers ab. Eine Familie mit zwei Kindern etwa, die ein Haus oder eine Wohnung kauft, bekommt an dem 1. Januar bis zu 30 Prozent mehr, als bisher, rechnet man in Namur vor.
Individualisierung, und zwar in allen Bereichen, unterstreicht Regionalminister Paul Furlan. Heißt: Familiäre Umbrüche werden künftig auch berücksichtigt. Wenn etwa ein Paar sich trennt, dann wird der Steuervorteil der neuen Situation angepasst. Jetzt stehe der Mensch im Mittelpunkt, nicht mehr das Haus, um nicht zu sagen das 'Objekt'.
Das Ganze aufzudröseln, das würde natürlich zu weit führen. Die Regierung in Namur verspricht aber, dass der neue Wohnungsscheck für die meisten Menschen unterm Strich finanzielle Vorteile bringen wird, für 85 Prozent der Bürger soll das neue System lukrativer als der bisherige Wohnbonus sein. Das verspricht zumindest Paul Furlan.
Roger Pint - Illustrationsbild: BRF
Klingt etwas unlogisch.
Das bisherige System war nicht mehr finanzierbar und mit dem neuen erhalten 85% der in Frage kommenden Interessenten mehr als vorher.
Wo liegt da die Ersparnis?
Herr Jochen Decker, habe mir zwar diesbezüglich noch keine Gedanken gemacht und auch keine entsprechende Absicht dazu, doch spontan würde ich sagen "wallonisches Überlegen". Man möge individuell entnehmen, was man möchte!
Anmerkung: Erst viel später, am 5. Juli 2016, wurde in der entsprechenden Kommission in Namur über den neuen "Wohnungsscheck" debattiert und abgestimmt, obwohl die Änderungen ja schon seit dem 1. Juli 2016 in Kraft getreten waren... Diesen Umstand "bedauert" auch der Finanz- und Steuerrat der Wallonie in seinem entsprechenden Gutachten. Testachats sagt zum neuen System übrigens: "Un système moins avantageux sauf pour ceux qui ne payent quasiment pas d'impôt et ceux qui ont une famille particulièrement nombreuse."