Das Linkebeek-Karussell dreht wieder. Den Auftakt gab ein Paukenschlag der flämischen Innenministerin Liesbeth Homans. Völlig überraschend bombardierte sie einen flämischen Oppositionspolitiker zum Bürgermeister.
Es ist so: Eigentlich kann der MR-Politiker Damien Thiéry Ansprüche auf das Amt anmelden. Nur kommt der für die flämische Regierung nicht infrage, da er wiederholt gegen die Sprachengesetzgebung verstoßen hat. Man wirft ihm vor, die Wahlaufforderungen systematisch auch in französischer Sprache verschickt zu haben, was laut flämischer Rechtslage nur auf ausdrückliche Anfrage erfolgen darf. Bislang war Thiéry aber immer noch der "diensttuende Bürgermeister".
Vor einigen Wochen machte die flämische N-VA-Innenministerin einen ersten Vorstoß: Sie ernannte den bisherigen zweiten Schöffen, Yves Ghequiere, zum Bürgermeister. Der lehnte aber dankend ab: Einfach so jemanden zum Bürgermeister zu bombardieren, das gehe nicht. Yves Ghequiere wollte natürlich seinem Listenkollegen Damien Thiéry nicht in den Rücken fallen. Doch wer geglaubt hatte, dass sich die Ministerin mit dem Patt abfinden würde, der hatte sich getäuscht. Am Wochenende ging sie in die Offensive; Homans ernannte Eric De Bruycker zum Bürgermeister; De Bruycker ist einer von zwei Oppositionspolitikern im Gemeinderat von Linkebeek. Und es ist ein Flame. Sie habe doch gar keine andere Wahl gehabt, sagte Liesbeth Homans: Sie habe den Ausgang der Wahlen respektieren wollen, nur wollte niemand aus der Mehrheit mit ihr zusammenarbeiten. Deswegen musste man sich eben in der Opposition nach einem Kandidaten umsehen:
Dann ging alles sehr schnell: Eric De Bruycker von der Oppositionsliste Prolink hat am Montagvormittag jedenfalls seinen Eid als neuer Bürgermeister abgelegt. 168 Stimmen hatte er vor drei Jahren bekommen. Eine demokratische Legitimität sieht wohl anders aus. Er ist sich auch dessen bewusst. Er werde nur als Bürgermeister weitermachen, wenn die frankophone Mehrheitsliste mit ihm zusammenarbeite, sagte De Bruycker. Dabei muss man wohl kein Hellseher sein, um mal vorsichtig davon auszugehen, dass die Frankophonen ihm wohl nicht den Roten Teppich ausrollen werden. Er wolle jedenfalls seine Verantwortung übernehmen, um eine Lösung für seine Heimatgemeinde herbeizuführen, sagte De Bruycker am Vormittag in der VRT. Sollte die Mehrheit um Thiéry nicht mitarbeiten, werde er das Amt zurückgeben. Im VRT-Rundfunk sagte ein Staatsrechtler, da irre De Bruycker: Er müsse bleiben, bis ein neuer Bürgermeister ernannt sei.
Die Frankophonen gingen auf die Barrikaden. PS, CDH und Ecolo sprachen sinngemäß von einem "Gewaltstreich": Hier werde die Demokratie mit Füßen getreten. Allen voran die MR ist da natürlich in einer schwierigen Lage. Damien Thiéry ist Mitglied der MR. Er wurde sogar mit großem Getöse von der FDF abgeworben. Und jetzt werden die frankophonen Liberalen also von der N-VA überrumpelt, mit der man doch eigentlich zusammen in der Föderalregierung sitzt. Die MR gab sich denn auch kleinlaut: Das sei ein kommunales Problem, hieß es lapidar. Man darf aber davon ausgehen, dass hinter den Kulissen die Drähte heißlaufen. Das Linkebeek-Karussel dreht wieder; und der gemeinschaftspolitische Knatsch ist zurück.
MR: "Linkebeek"kein föderaler Streitfall
Die MR will aus dem Reizwort "Linkebeek", der flämischen Ortschaft mit Spracherleichterungen, keinen föderalen Streitfall machen. Wohl sei damit zu rechnen, dass die Sache noch nicht ausgestanden sei, die Urheber des Streits - gemeint ist die Ministerin Homans - würden noch Augen machen, erklärt sinngemäß der MR Politiker Jean-Luc Crucke. Die MR-Föderalministerin Sophie Wilmès sagte am Montag nach der Sitzung des Parteivorstandes der MR, es handle sich um ein Problem zwischen Gemeinde und Regionalbehörde. Damit bekräftigte sie die Erklärung von Parteichef Olivier Chastel von Sonntag, das Problem betreffe allein die regionale Ebene.
Wohl will die MR als Partei den abgelehnten diensttuenden Bürgermeister Damien Thiéry bei seinen Démarchen unterstützen, etwa vor dem Europäischen Gerichtshof.
belga/cd/fs/rop - Bild: Luc Claessen (belga)