Eine Waschmaschine oder einen Kühlschrank, so etwas kauft man längst nicht alle Tage. Weil es sich gerade bei diesen Geräten um wirkliche Stromfresser handelt, schauen viele Verbraucher auch auf den Buchstaben, der auf dem Etikett neben dem Apparat steht: A+++, OK, ist zwar teurer, aber dann spart man wenigstens ein bisschen Strom im Vergleich zu der ausgemusterten Kiste.
Dieses Ökolabel, oder genau gesagt: diese "Energieeffizienzklasse", ist gerade bei den großen Haushaltsgeräten ein erhebliches Kaufargument.
Entsprechend lang dürfte das eine oder andere Gesicht geworden sein angesichts der Schlagzeile von Het Laatste Nieuws: "Sechs von zehn Ökolabel lügen", schreibt das Blatt und beruft sich dabei auf Untersuchungen des Wirtschaftsministeriums. Heißt also: Die Energieeffizient ist überbewertet, das Gerät müsste in der Skala eigentlich in einer niedrigeren Klasse geführt werden.
Wie ist das möglich? Jonas Moermann von der Vereinigung Eco-Conseil, ist auf das Thema Energieeffizienz spezialisiert: "Was vielleicht die wenigsten wissen, aber es sind die Hersteller, die sich sozusagen selbst das Label ausstellen, also die ihre Geräte einer Energieklasse zuordnen."
Das ist also, als würde sich ein Schüler quasi selbst das Zeugnis ausstellen. Da ist natürlich die Versuchung groß, ein bisschen 'Schminke' aufzutragen. Zumal, nicht vergessen: hier geht es um bares Geld: Ob nun ein A mit drei Mal, oder mit 2 Mal "Plus": zwischen zwei Energieklassen können im Preis schnell bis zu 150 Euro liegen.
Der Verbraucher verliert hier zwei Mal, sagt Jonas Moermann. "Er bezahlt mehr für ein Gerät, das obendrauf auch noch nicht so sparsam ist, wie angegeben. So was geht natürlich gar nicht", wetterte schon der für Verbraucherschutz zuständige Vizepremier Kris Peeters. Der Verbraucher müsse sich auf die Angaben des Herstellers verlassen können. Alles andere sei inakzeptabel.
Doch wieso gibt man den Herstellern hier derartig freie Hand? Man könne nur feststellen, dass es viel zu wenig Kontrollen gibt, sagt Jonas Moermann von Ecoconseil. In den letzten fünf Jahren seien ganze 100 Geräte überprüft worden. Und bei diesen 100 Tests sind eben 60 Geräte durchgefallen, deren Stromverbrauch höher war als angegeben.
Die Energieeffizienzklassen werden eigentlich durch eine EU-Richtlinie geregelt. Die Vorgaben seien aber viel zu vage, beklagen Verbraucherschützer. Es müsse z.B. endlich klar und eindeutig festgelegt werden, wie die Hersteller ihre Tests durchzuführen haben, fordert Laura Degallaix von der Vereinigung ECOS. Außerdem müssen die Messungen unter Bedingungen erfolgen, die vergleichbar sind mit der Benutzung des Geräts im Alltag.
Wir werden jedenfalls ab jetzt genauer hinschauen, verspricht Verbraucherschutzminister Kris Peeters. Und sollte sich dabei herausstellen, dass die Hersteller weiterhin bewusst oder unbewusst ihre Ergebnisse frisieren, nun, dann müsse man entsprechende Konsequenzen ziehen.
Hier geht’s aber möglicherweise nicht nur um Waschmaschinen oder Kühlschränke. Die britische Zeitung The Guardian berichtete jetzt über einen Fall aus der Unterhaltungselektronik. Der koreanische Elektronik-Hersteller Samsung soll demnach einige Fernseher ebenfalls mit einer Manipulations-Software ausgestattet haben. Das Programm könne Filme erkennen, die bei Energie-Effizienz-Tests abgespielt werden. Dann werde das Gerät automatisch in einen Sparmodus versetzt, um die Verbrauchsdaten zu drücken.
Der VW-Skandal ist vielleicht erst der Anfang.
Roger Pint - Archivbild: Siska Gremmelprez (belga)