Es kommt selten vor, dass sich die Botschafter direkt in die politische Debatte eines anderen Landes einmischen. Der Zeitpunkt aber ist nicht ganz so verwunderlich: Seit Wochen wartet Belgien auf den Zukunftsplan für die Armee von Verteidigungsminister Steven Vandeput. Dass das Dokument noch immer nicht vorliegt, zeigt wie heikel das Thema – auch innerhalb der Regierung – ist.
Vor wenigen Tagen hatte bereits Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Belgien aufgefordert, wieder mehr Geld für seine Armee auszugeben und den internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Sprich dem Nato-Vorsatz, das heißt zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben. Davon ist Belgien meilenweit entfernt. Nach unzähligen Sparmaßnahen beim Militär sind es dieses Jahr weniger als 0,9 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Damit landet Belgien auf den hintersten Plätzen im Nato-Vergleich. Deswegen verschärfen jetzt auch die USA den Ton, eben in Person von Denise Campbell Bauer.
US-Botschafterin Bauer nennt Belgien in ihrem offenen Brief aber auch ein "zuverlässiges und treues Nato-Mitglied". Sie erinnert an die Einsätze in Afghanistan, Mali und kürzlich noch im Irak. Doch die USA sehen den Trend der letzten Jahre und der zeigt eindeutig Richtung kleinerer Verteidigungshaushalt. Immer wieder wird der Vorwurf laut, Belgien profitiere vom Schutz der Nato und natürlich auch der USA, leiste aber selbst zu wenig dafür. Auch Experten meinen das: Die Nato ist ein Bündnis. Man kann nicht Mitglied sein und die Vorteile in Anspruch nehmen, die "Drecksarbeit" aber von anderen machen lassen. Genau das wirft Belgien den osteuropäischen Staaten in der Flüchtlingskrise vor.
Minister Steven Vandeput hat bereits auf die Vorwürfe der USA reagiert. Den offenen Brief der amerikanischen Botschafterin könne die Regierung nicht links liegen lassen. Das sei auch eine Warnung an seine Koalitionspartner, sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen. Ganz vorne mit dabei ist der amerikanische Flugzeugbauer Lockheed Martin. Der versucht seit Monaten, die belgischen Politiker davon zu überzeugen, seinen supermodernen F-35 zu kaufen. Der Haken an der Geschichte ist nur: Die Kampfjets sind sündhaft teuer. Da geht es um mehrere Milliarden Euro. Eine Ausgabe in einer solchen Größenordnung, die ist in Zeiten knapper Kassen nur schwer an den Mann zu bringen. Das weiß die Politik.
Ohnehin ist es eine schwierige Aufgabe für die Koalition, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen und eine Vision für die belgischen Streifkräfte auszuarbeiten. Die Meinungsunterschiede zwischen den vier Parteien sind ganz sicher der Grund für die Verspätung, warum der Plan von Minister Vandeput immer noch nicht vorliegt. Nichtsdestotrotz: Blendet man diesen wirtschaftlichen Aspekt mit den Kampfjets aus, wird einem schnell klar, dass Belgien in Zukunft wieder stärker zur Nato beitragen muss. Allein schon wegen der Terrorgefahr, der vielen internationalen Konflikte und auch der brenzligen Lage vor den Toren Europas – also im Norden Afrikas und im Nahen Osten.
Alain Kniebs - Bild: Virginie Lefour (belga)
Es wird auch langsam Zeit, dass in Belgien ein Umdenken stattfindet bezüglich der Armee. Diese ist in den letzten 20 Jahren kaputtgespart worden.
Der grundlegende Fehler war die Abschaffung des Militärdienstes und die Einführung einer Berufsarmee (obwohl teurer). Man hätte sich am Schweizer Modell orientieren sollen (eine zahlenmässig grosse Milizarmee, wo jedoch nur ein Teil auch tatsächlich in den Kasernen ist, und der grösste Teil in der Reserve, die nur zu Übungszwecken oder im Ernstfall aktiviert wird).
Wenn Belgien sich einen übergrossen öffentlichen Dienst leisten kann, dann kann man sich auch eine bessere Armee leisten.
Und welches Land möchten Sie bitte plattmachen mit Ihrer noch "besseren" Armee? Wurden schon Warschau und Moskau informiert? Oder wollen Sie mit Ihrer Superarmee-Miliz etwas nacholen, was einem Österreicher vor 80 Jahren "leider" in die Hose ging? Vielleicht sollte der Staat besser die jetzigen Soldaten der Armee und den Rest des Beamtenwasserkopfes dazu umschulen, ewiggestrige Rechtsextremisten ausser Landes zu schaffen oder wenigstens umzuerziehen zu etwas was den Namen "Menschen" dann auch wieder verdient.
Herr Drescher,
kann Ihnen nur zustimmen. Glück auf !
Super Kommentar Herr Drescher ! Von der ursprünglichen Idee her sollte eine Armee das eigene Land, und nur das, verteidigen. Heute muss die gesamte Nato nur einem einzigen Zweck dienen: Öl und Reichtum der USA absichern. Und wir sind uns da leider nicht zu schade für. Noch in diesem Jahr hat Belgien, übrigens offiziell so bekanntgegeben, für die USA 3000 Jagdbombereinsätze im Irak getätigt - kaum von der Befölkerung wahrgenommen. Habe ich da was verpasst ? Hat B Irak den Krieg erklärt, oder geben wir uns schon Freibriefe im Mittleren Osten Bomben abzuwerfen, damit unsere Lager hier wieder leer werden für neue ?
Schon erstaunlich, wenn die Amerikaner meinen, mit einer immer stärkeren Armee könne man zeigen, wo der Hammer hängt und überall einmarschieren, um Frieden und Demokratie herbeizuführen. Wie ist denn ihre "Erfolgsbilanz" der letzten siebzig Jahre? Von Kuba über Afghanistan bis Zum Irak wurde mit keiner einzigen Intervention das gesetzte Ziel nachhaltig erreicht! Wirklich nie? Doch: Anfang der achtziger Jahre gelang die Invasion der kleinen Karibikinsel Grenada...