Regionalminister Maxime Prévot (CDH) hat die Opposition im Wallonischen Parlament meisterhaft ausgebremst. Die liberale MR hatte im zuständigen Ausschuss eine Debatte über die Integration von Flüchtlingen auf die Tagesordnung setzen lassen. Man wollte wohl die PS-CDH-Regierung einmal mehr an den Pranger stellen.
Die MR fordert schon seit Jahren einen sogenannten "Integrations-Parcours", der den Namen wirklich verdient, etwa nach flämischem Vorbild. Im nördlichen Landesteil gibt es so etwas seit Jahren: Erstankömmlinge müssen eine Reihe von Eingliederungskursen belegen. Vorgesehen sind insbesondere Sprachkurse. Die Teilnahme ist Pflicht.
In der Wallonie gabs das bislang allenfalls im Ansatz. Zwar existierte eine Art "Integrations-Parcours" für Asylanten, in weiten Teilen handelte es sich aber um nicht mehr als ein Angebot. Sprachkurse etwa waren zwar vorgesehen, die Teilnahme aber eben keine Pflicht.
Doch die liberale Opposition kam im Grunde gar nicht dazu, der Regierung ihre Kritik um die Ohren zu hauen. Maxime Prévot machte vielmehr den Ausschuss zu seiner Bühne: Die Nummer zwei der Wallonischen Regierung stellte stolz einen Dekretentwurf vor, der eben genau das vorsieht, was die MR seit Jahren fordert: einen Integrations-Parcours, der von Anfang bis Ende verpflichtend ist.
Prévot selbst sieht darin eigentlich gar keine Kehrtwende. "Es war so, dass die alte Mehrheit als PS, CDH und Ecolo in dieser Frage keine Einigung habe erzielen können. Die jetzige Koalition hingegen schon", sagte Prévot in der RTBF. Indirekt schustert er damit den Grünen den schwarzen Peter zu.
Doch hatte die PS mindestens genauso große Bauchschmerzen mit einem verpflichtenden Integrationsparcours, für die Sozialisten war so etwas bislang tabu. Der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette (PS) beruft sich da aber auf das Koalitionsabkommen. Darin sei ein verpflichtender Integrationsparcours ausdrücklich vorgesehen, man habe den Prozess angesichts des derzeitigen Ansturms von Flüchtlingen lediglich beschleunigt. "Von einem Meinungsumschwung kann da keine Rede sein", sagte Magnette in der RTBF.
Im Eiltempo vorwärts
Schon am Donnerstag wird Prévot seinen Entwurf der Regierung unterbreiten, bis zum Ende des Jahres soll das Dekret in Kraft treten. Vorgesehen ist demnach ein Sprachkurs, der 120 Stunden umfassen soll: 120 Stunden Französisch, respektive Deutsch in der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
Außerdem auf dem Programm: rund 20 Stunden "Bürgerkunde". Den Asylanten sollen dabei die Grundlagen unserer Gesellschaft vermittelt werden. Wie funktioniert Demokratie, wie funktioniert die Wallonie, wie funktionieren die Gemeinden, welche Rechte haben die Bürger - und welche Pflichten? Sprachkurse, Bürgerkunde und auch aktive Jobsuche - all das wird Pflicht sein. Wer sich nicht daran hält, dem droht eine Geldbuße von 2.500 Euro.
Jedenfalls hat Prévot den Liberalen erstmal den Wind aus den Segeln genommen. Die MR konnte der Mehrheit dann eigentlich nur noch Opportunismus vorwerfen. Die Regierung sei wie ein Fähnchen im Wind und reagiere nur auf den Druck aus der Bevölkerung, sagte der MR-Abgeordnete Pierre-Yves Jeholet. "Das Ganze hätte längst beschlossen sein können, stattdessen wird jetzt alles übers Knie gebrochen", so Jeholet.
Bleibt noch die Frage, was am Ende von der markigen Ankündigung übrig bleibt. Das Ganze geht nämlich doch erheblich weiter, als man es der Regierung zugetraut hatte. Und mit seinem spektakulären Vorstoß hat Prévot auf den Koalitionsbänken für Naserümpfen gesorgt, insbesondere in den Reihen der PS.
Roger Pint - Bild: Bruno Fahy/BELGA