Mehrere Hundert Menschen waren in die Schalterhalle des Flämischen Parlaments in Brüssel gekommen. Star des Abends war aber Marine Le Pen, Galionsfigur der französischen Rechtsextremen, Chefin des Front National und Tochter von Jean-Marie Le Pen. In ihrer Rede plädierte sie für eine Rückkehr zur Souveränität der Nationalstaaten. Die Euro-Diktatur der EU-Kommission sei der Feind. Le Pen gab dem, so wörtlich "Deutschen Diktat" in der Flüchtlingskrise die Schuld und prophezeite die Hölle, falls Europa weiterhin Flüchtlinge die Grenzen passieren ließe.
Wenn es nach ihr geht, dann macht die Flüchtlingskrise eins deutlich: Es ist Zeit, Abschied zu nehmen - vom Schengen-Abkommen und von den offenen Grenzen innerhalb Europas. Die Krise zeige, dass Schengen nicht funktioniere. Seit einigen Wochen sei Europa mit einem bislang unerreichten Phänomen konfrontiert. Hunderttausende Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten kämen massiv und unkontrolliert nach Europa und bedrohten unseren Wohlstand, unsere Souveränität und unsere Freiheit.
Le Pen: Europas Grenzen müssen wieder unter Kontrolle gebracht werden
Le Pen fühlt sich bestätigt. Mit der Entscheidung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel Grenzkontrollen einzuführen, beweise sie, dass der Front National Recht habe. Ihre Partei habe seit Jahren davor gewarnt, sei aber immer wieder beleidigt attackiert und ausgegrenzt worden. Europas Grenzen müssten wieder unter Kontrolle gebracht werden. Europa dürfe niemanden mehr rein lassen.
Le Pen schlägt vor, sich mit Russland, dem Iran und Syrien an einen Tisch setzen und zu überlegen, wie man gegen den Islamischen Staat vorgehen soll. Genauso dringend notwendig sei humanitäre Hilfe in den Flüchtlingslagern vor Ort, sprich im Libanon, in Syrien und in den Nachbarländen.
Den Europäischen Regierungen fehle es an Mut, so Le Pen. Die derzeitige Situation sei das Resultat von Schwäche, zu großer Nachgiebigkeit und der Verantwortungslosigkeit der Politiker. Die Anwesenden feierten Marine Le Pen mit Standing Ovations.
Ungewöhnlich breites Medienecho
Der Besuch der Gallionsfigur der Europäischen Rechtsextremen blieb natürlich nicht unbemerkt. Die französischen Fernsehsender waren im Saal, die Internationale Presse vor Ort, sogar das Wall Street Journal hatte jemanden geschickt. Le Pen brachte sich deshalb auch ein wenig in Position für ihre eigene berufliche Zukunft. Sie will 2017 schließlich Frankreichs nächste Präsidentin werden. In die innerbelgischen gemeinschaftlichen Konflikte mischte sie sich nicht ein. Sie spielte vor allem mit der Angst der Bevölkerung. Anstelle von "Flüchtlingen" sprach sie von "illegalen Einwanderern".
250 Le-Pen Gegner vor dem Flämischen Parlament
Vor dem Flämischen Parlament hatten sich rund 250 Le-Pen Gegner versammelt. Linke, Antifaschisten, Gewerkschafter bereiteten der Front-National Chefin einen lautstarken Empfang. Angesichts der Welle von Solidarität mit den Flüchtlingen in ganz Europa gebe es für die Sichtweisen, die sie in Frankreich, Belgien und im EU-Parlament verbreite keinen Platz.
Julien Englebert, Organisator der Demonstration, will nicht, dass seine Stadt mit Rassismus in Verbindung gebracht werde. Es sei ein schlechtes Signal an die Bewohner, dass sich im Flämischen Parlament die europäischen Rassisten und Ausländerfeinde versammeln dürfen. Darauf habe er keine Lust.
Gegen die Veranstaltung in der Schalterhalle des Flämischen Parlaments hatte es übrigens keine Einwände gegeben. Laut Parlamentspräsident Jan Peumans seien alle Regeln der Demokratie eingehalten worden. Der Vlaams Belang habe eine korrekte Anfrage gestellt und Marine le Pen sei eine demokratisch gewählte Person. Alle Parteien im Flämischen Parlament hatten das Kolloquium genehmigt. Jan Peumans selbst hatte Marine Le Pen nicht empfangen. Der NV-A Politiker ließ sich entschuldigen. Terminprobleme…
Volker Krings - Bild: Benoit Doppagne (belga)