Unzählige Zelte wurden aufgeschlagen, Sanitäreinrichtungen gebaut, ehrenamtliche Helfer bereiten jeden Tag Mahlzeiten zu: Der Maximilian-Park ist zum Flüchtlingslager geworden. Was den Brüsseler Bürgermeister Yvan Mayeur (PS) stört: Die Bevölkerung, Hilfsorganisationen, die Stadt Brüssel, die Polizei, alle seien da, außer die föderalen Behörden. Dabei sei es doch die Aufgabe des Staates, die Flüchtlinge aufzunehmen. Für Mayeur ist das gewollt: Der Staat glänze durch Abwesenheit, um deutlich zu machen, dass Belgien die paar Hundert oder Tausend Flüchtlinge nicht aufnehmen kann.
Weil der Migrantenstrom ständig wächst, das Ausländeramt täglich aber nur 250 Asylanträge bearbeiten kann, hatte die Föderalregierung vergangene Woche – wegen des gestiegenen Drucks der Öffentlichkeit – erstmals in Belgiens Geschichte eine Notunterkunft geöffnet. So wollte das Kabinett verhindern, dass Schutzbedürftige, deren Asylantrag noch nicht aufgenommen werden konnte, die Nacht unter freiem Himmel verbringen müssen. Das Problem: Die Nachtnotunterkunft am Brüsseler Nordbahnhof wird kaum genutzt. Sie ist nämlich nur nachts nutzbar, es gibt dort keine Duschen und auch keine Mahlzeit. Staatssekretär Theo Francken hat am Freitag Besserung gelobt: In Kürze würden Duschen installiert. Außerdem wolle er dafür Sorge tragen, dass man den Menschen abends eine Suppe reicht.
Für Yvan Mayeur ist das Maß aber längst voll. Er will nicht mehr mit dem N-VA-Staatssekretär zusammenarbeiten. Der Premierminister müsse jetzt ran, um den Menschen zu helfen. Den "inkompetenten Staatssekretär" müsse man jedenfalls außen vor lassen, meint Bürgermeister Mayeur. "Solche übertriebenen Aussagen helfen niemanden", antwortet Premierminister Charles Michel. Er versprach aber, sich noch am Freitag mit Mayeur in Verbindung zu setzen.
Theo Francken seinerseits meint: Die Lage sei ernst genug. Für politische Spielchen habe er jetzt weder die Zeit noch die Lust.
Alain Kniebs - Archivbild: Thierry Roge (belga)