Bislang ist es nur eine Idee. Aber sie findet immer mehr Anhänger. Der Vorschlag zur Volkskammer per Losentscheid stammt von der SP.A. Dem Abgeordneten Johan Van Velthoven hatte das Bürgerforum G1000 so gut gefallen, dass er den Menschen im Land am liebsten viel öfter Verantwortung geben und sie in politische Entscheidungsprozesse miteinbeziehen würde. Gemeinsam mit den flämischen Sozialisten hat er deshalb einen zehnseitigen Text vorbereitet, wie man aus dem Senat eine richtige Bürgerplattform machen könnte.
Laurette Onkelinx (PS) ist von der Idee ebenfalls angetan. "Die Gesellschaft verändert sich, also müssen wir Politiker uns anpassen", sagte Onkelinx dem Regionalsender "Telé Bruxelles". Sie will der Demokratie ein neues Fundament geben – in Zusammenarbeit mit den Menschen. Ganz so weit wie ihr flämischer Kollege Johan Van Velthoven will die PS-Politikerin aber nicht gehen. Aus dem Senat soll zwar eine Volkskammer werden. Die Bürger sollten aber nicht alleine unter sich tagen, sondern Seite an Seite mit Berufspolitikern.
Als Vorbild sieht Laurette Onkelinx die Geschworenenprozesse. Auch hier würden einfache Bürger per Losentscheid ausgewählt und an weitgehenden Entscheidungen der Justiz beteiligt. Die Geschworenen hätten eine große Verantwortung, sie entscheiden manchmal darüber, Angeklagte lebenslänglich hinter Gittern zu sperren. Allerdings gemeinsam mit professionellen Richtern. Nach Onkelinx‘ Ansicht wäre das die beste Lösung für den neuen Senat. Dadurch würde er bürgernah und die Politik wieder etwas verständlicher. Um den Senat zu reformieren braucht es allerdings eine Verfassungsänderung. Und um die herbeizuführen, werden die Befürworter noch viele Berufspolitiker von ihrer "Volkskammer" überzeugen müssen.
Alain Kniebs - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)