"Dass Wein gesünder als Bier sein soll, totaler Kappes", sagt Patrick Mullie, Professor für Ernährungswissenschaften an der Flämischen Freien Universität Brüssel (VUB). Professor Mullie beruft sich auf eine "Meta-Studie" von 2012. In einer solchen Studie werden Untersuchungen in verschiedenen Bereichen gebündelt, die Teilergebnisse werden dann zu einer zusammenhängenden Schlussfolgerung verarbeitet.
Das Fazit lautet, dass man jahrelang einer Legende aufgesessen ist. In den 90er Jahren habe man geglaubt, dass insbesondere Rotwein eine positive Wirkung auf die Gesundheit habe. "Jetzt weiß man: Es ist schlichtweg der Alkohol an sich", erklärt Mullie. "Aber man darf jetzt nicht hören, was ich nicht gesagt habe. Ich spreche von einem vernünftigen Konsum - ein Glas pro Tag für eine Frau, zwei Gläser für einen Mann."
Und das sei auch nicht "kumulativ" gemeint, sagt Patrick Mullie. Der Mann bekommt also nicht den Freibrief, Sonntags 14 Bier zu trinken, nur weil er sechs Tage abstinent war. Alkoholkonsum in Maßen also, nicht in Massen.
Warum hat man denn all die Jahre geglaubt, dass Rotwein gesünder ist als Bier? Man habe sich eigentlich von Klischees irreleiten lassen, sagt der Ernährungswissenschaftler. Wein als Getränk wurde mit einem gewissen Lebensstil in Verbindung gebracht. Wein ist elitär, Bier ist populär. Mit dem Getränk sei dann auch eher ein Verhalten assoziiert worden, nach dem Motto: Wer Wein trinkt, der lebt gesünder.
Kritiker führen da ein besonders gewichtiges Gegenargument ins Feld, mit Namen Bierbauch. Man spreche ja schließlich nicht vom "Weinbauch", heißt es da. Doch auch hier seien im Wesentlichen Trugschlüsse im Spiel, sagt Patrick Mullie. Der Energiegehalt je hundert Milliliter sei beim Pils sogar niedriger als beim Wein: 40 Kalorien beim Bier, fast doppelt so viel beim Wein. Den Unterschied mache hier allein die Schankmenge. Zum Bierbauch: Es seien vor allem die Männer, die Bier trinken. Und beim Mann setzt sich das Fett am Bauch ab, bei den Frauen seien es eher die Hüften.
Und damit das klar sei, sagt Professor Mullie in der Zeitung Le Soir: Er werde nicht von AB-Inbev bezahlt und sei auch nicht Mitglied der Brauerei-Gilde. Er wolle nur ein paar Eseleien aus der Welt schaffen, die da so rund um das Thema kursieren.
Und ob nun Bier oder Wein: Mit Alkohol sei generell ab einer gewissen Menge nicht zu spaßen.
Was trinkt Mullie denn beim Grillen? Er entscheide sich für die Menge, sagt der Ernährungswissenschaftler: Für 110 Kalorien ziehe er ein Bier vor. "Bestimmt, wenn ich richtig Durst habe."
Roger Pint - Bild: Eric Lalmand/BELGA