Jedes Jahr kommen rund 500 minderjährige Flüchtlinge ohne erwachsene Begleitung in Belgien an. Viele haben nur ein Ziel vor Augen: Ein neues Leben in Europa. In Brüssel kümmert sich die Vereinigung Mentor-Escale um diese Jugendlichen. Sie betreut eine WG, in der Jugendliche lernen können, im europäischen Alltag zurecht zu kommen.
Einmal pro Woche schaut Sozialarbeiter Yves Delbar vorbei. Er unterstützt sie dabei selbstständig zu werden, gibt praktische Ratschläge, und schaut, in welcher Verfassung die Jugendlichen sind, und ob das Zusammenleben funktioniert. Kommt wichtige Post, beispielsweise vom ÖSHZ oder der Gemeinde, dann wirft Yves Delbar einen Blick drauf.
Das Leben dieser Jugendlichen ist anders als das ihrer belgischen Altersgenossen. Nach der Schule und den Hausaufgaben heißt es erst mal, Wohnung in Schuss halten, einkaufen, Essen kochen. Mut haben sie alle. Gemeinsam ist auch ihr Ziel: aus dieser Situation herauszukommen.
Die 17-jährige Habi zum Beispiel hat einen Traum. Sie möchte studieren und in Belgien als Krankenschwester arbeiten. Der 21-jährige Mirwais hat diesen Weg schon hinter sich. Als er vor fünf Jahren aus Afghanistan hier ankam, konnte er weder die Sprachen noch hatte er eine Ahnung von den Gewohnheiten unseres Landes. Mittlerweile besitzt er ein Diplom als Wartungstechniker. Sein Traum ist der Gleiche: Eine neue Zukunft aufbauen, fernab seiner Heimat Afghanistan. Studieren durfte er dort nicht. Entweder es war Krieg oder er saß zu Hause rum.
Für Mirwais ist klar, dorthin will er nicht wieder zurück. Als er mit 16 Jahren aus dem Asylbewerberheim kam, hatte er nicht mehr als seine Papiere dabei. Die Vereinigung Mentor –Escale hat ihm geholfen, sein Leben in die Hand nehmen zu können. Bénédicte Adnet, Direktorin von Mentor-Escale, erklärt die Zielsetzung ihrer Vereinigung: Die Minderjährigen in der langen Übergangsphase zu begleiten, ihnen zu helfen, ein selbständiges Leben zu führen. Denn, das ist der Schlüssel um einen Platz in der Gesellschaft finden zu können.
Hinter den Jugendlichen liegt meist ein langer, strapaziöser und gefährlicher Weg. Neun Monate hat Korshid zum Beispiel gebraucht um von Afghanistan nach Belgien zu kommen. Zu Fuß über die Berge, zu 40 bis 50 Menschen auf einem kleinen Boot, mit 70 anderen in einem Container. Einige starben - vor seinen Augen.
Die Zukunft von Mentor-Escale steht immer wieder in den Sternen. Eine langfristige Finanzierung gibt es nicht, und ein Wechsel in der belgischen Flüchtlingspolitik kann jederzeit das definitive Aus bedeuten.
Volker Krings - Illustrationsbild: Ye Aung Thu (afp)