"So kann es nicht weitergehen", sagt Piet Vanthemsche, Chef des flämischen Boerenbonds, in der VRT. Bislang konnte man ja noch den Eindruck haben, dass die MIG, die unabhängige Vereinigung der Milchbauern, mit ihren Protesten doch ziemlich alleine da steht. Doch jetzt geht auch der mächtige Boerenbond auf die Barrikaden.
"Wenn der Verbraucher ein Glas Milch trinkt, dann saugt er damit dem Bauern zwei Cent aus dem Portemonnaie", sagt Piet Vanthemsche. Das gelte aber nicht nur für die Milch: "Jedes Kotelett, das der Verbraucher verspeist, kostet den Viehzüchter fünf Cent. Bei jedem produzierten Liter Milch legt der Bauer sieben Cent drauf, bei jedem verkauften Schwein verliert der Züchter bis zu 20 Euro."
Schuld sei in erster Linie das Russlandembargo, sagt der Boerenbond-Chef. Damit sei ein erheblicher Teil des Exportmarktes weggebrochen. Doch auch auf den heimischen Märkten sind die Preise unter Druck. Es seien vor allem die Supermärkte, die die Preise quasi festlegten. Und das gilt nicht nur für die "konventionelle" Milchproduktion. Die Krise hat inzwischen auch die Bio-Milch-Sparte erfasst.
"Auch wir müssen feststellen, dass der Erzeugerpreis für einen Liter Milch um bis zu zehn Cent gesunken ist", sagte Valérie Op de Beeck vom Verband der Bio-Milchbauern UNAB in der RTBF. Schuld seien hier die Molkereien und wohl letztlich auch die Supermärkte. "Paradox: Die Nachfrage nach Bio-Produkten steigt, und doch gehgen die Preise nach unten. Das widerspricht doch allen Gesetzen des Marktes."
Insbesondere der Boerenbond lanciert jetzt einen auch ein etwas unkonventioneller Appell: Der Kunde sollte sich seiner Macht bewusst werden. In einer idealen Welt sollte der Kunde im Supermarkt mal die Frage stellen, ob der Bauer für seine Milch denn auch einen fairen Preis bekommen hat.
Resultat der Krise ist jedenfalls, dass inzwischen wirklich allen Bauern das Wasser bis zum Hals steht. Und entsprechend seien Proteste wie jüngst in Frankreich auch nicht mehr auszuschließen. "Jetzt geht's für uns alle ums Überleben", sagt auch Philippe Duvivier vom wallonischen Bauernverband Fugea.
"Auch bei unseren Mitgliedern ist die Bereitschaft groß, jetzt auf Protestaktionen überzugehen", sagt Piet Vanthemsche vom Boerenbond. Der Frust sei riesig, die Branche erlebe extrem düstere Zeiten. Und das in dem Moment, wo der Rest der Welt in Urlaub fährt.
Alle - ob nun MIG, Boerenbond, Fugea oder UNAB - richten jetzt ihre Blicke in erster Linie auf die EU-Kommission. "Brüssel muss jetzt Farbe bekennen", sagt auch Piet Vanthemsche. Die Russland-Problematik liege an der Basis der Krise. Es seien nicht die Bauern, die das gewollt haben, sie müssten allerdings die Zeche zahlen. Jetzt müsse die Kommission Maßnahmen ergreifen, um die Preise zu stützen.
Roger Pint - Illustrationsbild: BRF