Der Tax-Shift drohte für die Föderalregierung zum Monster von Loch Ness zu werden: Seit Monaten versprach die Koalition sie, doch bislang hatte niemand etwas von der großen Steuerverschiebung gesehen. Jetzt liegt sie endlich vor und ist sogar umfangreicher als gedacht: 7,2 Milliarden Euro.
Damit sollen zunächst die Lohnkosten gesenkt werden. Der Arbeitgeberanteil sinkt von 33 auf 25 Prozent. Dadurch werden hiesige Arbeitsplätze gegenüber den Nachbarländern wettbewerbsfähiger. Außerdem soll in den Unternehmen dadurch Spielraum für neue Jobs entstehen, so die Hoffnung der Regierung.
Die Koalition verspricht auch mehr "Netto" vom "Brutto": Ab dem kommenden Jahr sollen zunächst die kleinen und mittleren Einkommen 100 Euro zusätzlich pro Monat in der Tasche haben – später sollen auch die höheren Einkommensklassen von den Steuersenkungen profitieren.
"Gesundheits-Abgabe"
Der Tax-Shift ist aber – wie der Name es schon sagt – in erster Linie eine Steuerverschiebung. Die Mehrwertsteuer auf Strom etwa steigt zum 1. Oktober wieder von sechs auf 21 Prozent, die Abgaben auf Diesel, Tabak und Alkohol werden erhöht. Es wird eine Art Gesundheits-Abgabe, eine neue Steuer auf fettige Lebensmittel wie zuckerhaltige Getränke geben.
Die Quellensteuer soll künftig von 25 auf 27 Prozent angehoben werden – ausgenommen ist lediglich das klassische Sparkonto. Eine Vermögenssteuer wird es so zwar nicht geben, aber die Föderalregierung führt eine Steuer auf spekulatives Verhalten an der Börse ein: Wer seine Aktien weniger als sechs Monate behält, wird auf den Verkauf der Anteile besteuert. Das ist gemeinsam mit der Abgabe auf Geld in Steuerparadiesen die Trophäe, die die flämischen Christdemokraten von der CD&V unbedingt einstreichen wollten.
Haushaltsnachbesserung
Neben der Steuerreform galt es ja auch, den laufenden und den nächstjährigen Haushalt nachzubessern - immerhin ging es um 1,7 Milliarden Euro. Das ist ebenfalls gelungen, meldet die Regierung. Hier soll die Anstrengung nach Angeben aus Regierungskreisen alleine durch Einsparungen erfolgen - also keine zusätzliche Steuern für die Bürger.
Der Staat wird 700 Millionen Euro bei sich selbst sparen müssen. Außerdem will die Regierung die Arbeitgeber ermutigen, definitiv auf Frührenten zu verzichten. Und es gibt keinen lebenslänglichen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld: Nur wer mindestens 25 Jahre in die Sozialsysteme eingezahlt hat, der soll auch weiterhin bis zur Rente Arbeitslosenunterstützung beziehen dürfen.
Reaktionen
Die Parteien der Föderalregierung (N-VA, CD&V, OpenVLD und MR) sagen, sie haben Wort gehalten und eine Einigung vorgelegt, die Haushaltsstabilität ermöglicht, mehr Kaufkraft für die Bürger und mehr Wettbewerbsfähigkeit für die Unternehmen. Die Opposition - allen voran die PS - spricht von einer schlechten Einigung. Mal wieder würden die Bürger zur Kasse gebeten, außerdem gebe es keine Garantie für neue Jobs.
Alain Kniebs - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)