Jeden Tag stellen im Moment über 100 Menschen einen Antrag auf Asyl in Belgien. Bei der Ausländerbehörde haben sie derzeit alle Hände voll zu tun. Anders als 2011 ist aber (noch) nicht die Rede von einer Krise – auch wenn die Plätze in den Auffangzentren langsam knapp werden. "Die Flüchtlingseinrichtungen im Land sind derzeit zu 88 Prozent belegt", sagt Staatssekretär Theo Francken. Die Anzahl Neuankömmlinge steige aber von Woche zu Woche. Deswegen habe er die Bereitstellung von 2.200 zusätzlichen Auffangplätzen bis Anfang September angeordnet.
Eigentlich hatte die Regierung Fedasil Sparmaßnahmen in Höhe von 20 Millionen Euro für das kommende Jahr auferlegt. Das sei angesichts der aktuellen Notlage aber nicht mehr realistisch, meint Francken. Er habe das Kabinett im Rahmen der Haushaltsnachbesserung deswegen auch darum gebeten, von der Kürzung abzusehen und das Geld anderweitig aufzutreiben.
Die meisten Flüchtlinge, die in Belgien um Asyl bitten, stammen derzeit aus den vier Kriegsschauplätzen Syrien, Afghanistan, Somalia und dem Irak. "Das sind Menschen, die tatsächlich unseren Schutz und unsere Unterstützung brauchen", sagt der N-VA-Politiker. Fast 60 Prozent der Asylanfragen werden derzeit denn auch bewilligt – ein neuer Rekord. Zum Vergleich: Bei der Asylkrise 2011 als viele Menschen aus dem Balkan nach Belgien wollten, darauf in den allermeisten Fällen aber keinen Anspruch hatten, erhielten nur 20 Prozent den Status des anerkannten Flüchtlings. Einerseits helfe man jetzt zumindest den Menschen, für die es die Schutzgesetze gebe. Das sei eine gute Sache, sagt Francken. Andererseits müsse man aber darauf achten, dass der Flüchtlingsstrom beherrschbar bleibe – auch gesellschaftspolitisch.
Derzeit sei der Druck zwar hoch, man könne damit aber umgehen. Anders als in Österreich – wo es im vergangenen Monat 8.000 Asylanfragen gab und jetzt Menschen auf der Straße schlafen müssen. "Ein absoluter Albtraum", sagt Francken. Sollte sich die Lage zuspitzen, dann werde man im Winter notgedrungen wohl wieder leerstehende Militärkasernen öffnen müssen.
Theo Francken will aber auch strenger gegen Migranten vorgehen, die von der Ausländerbehörde ein negatives Urteil erhalten und das Land verlassen müssen. Oft landeten diese Menschen in der Illegalität, irgendwo in unseren Großstädten. Außerdem sinkt die Zahl der freiwilligen Rückkehrer drastisch. Im ersten Halbjahr haben sich 1.400 Menschen dafür entschieden, 400 weniger als im selben Vorjahreszeitraum. Theo Francken will gemeinsam mit den Kommunen im Land arbeiten. In verschiedenen Städten – etwa in Brüssel – will er gemeinsam mit den städtischen Diensten Anlaufstellen für Rückkehrer schaffen. In Kürze will der Staatssekretär einen Aktionsplan vorlegen. Wer ein "Nein" von unserer Ausländerbehörde erhalte sei schließlich in seiner Heimat immer noch besser aufgehoben als bei uns in der völlig aussichtslosen Illegalität, so Francken.
Alain Kniebs - Bild: Thierry Roge (belga)