"Es war hier, auf den Tag genau vor 200 Jahren: Waterloo." Premierminister Michel hat die offizielle Gedenkfeier am Gedenken an die Schlacht von Waterloo eröffnet. Anwesend bei der Gedenkfeier: Vertreter der damaligen Gegner, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Willem-Alexander, König der Niederlande, sowie die Nachkommen der Hauptprotagonisten: Wellington, Napoleon, Blücher. "Wir fühlen uns geehrt", sagte Michel. "Ihre Präsenz ist ein Symbol der Hoffnung und der Versöhnung." Auch DG-Ministerpräsident Oliver Paasch nahm an der Gedenkfeier teil.
Der 18. Juni 1815 ist eines der Schlüsseldaten in der neuzeitlichen Europäischen Geschichte. Fast 20 Jahre lang hatte Napoleon Bonaparte ganz Europa mit Krieg überzogen. Weite Teile des Kontinents waren zwischenzeitlich unter französischer Herrschaft. 1804 krönte sich Napoleon selbst zum Kaiser, womit er auch seinen Anspruch auf Vorherrschaft in Europa untermauerte. Erst sein Russlandfeldzug von 1812 brach ihm das Genick. 1813 wurde Napoleon bei der Völkerschlacht von Leipzig geschlagen, einige Monate später folgte der völlige Zusammenbruch. 1814 wird Napoleon in die Verbannung geschickt, genau gesagt auf die Mittelmeer-Insel Elba. Für die übrigen Europäischen Staaten schien damit das Problem ein für allemal gelöst. Die Siegermächte trafen sich zum Wiener Kongress, um die Genzen Europas neu zu ordnen.
Da hatte man allerdings die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Nicht mal ein Jahr hielt es Napoleon auf Elba aus. Die Siegermächte hatten in Frankreich Ludwig den XVIII als König eingesetzt. Doch waren die Franzosen unzufrieden mit ihrem neuen Herrscher. Als Napoleon das zu Ohren kam, kehrte er am 1. März 1815 nach Frankreich zurück. Viele Soldaten waren begeistert. Dem Kaiser gelang es, in kürzester Zeit eine neue Armee auf die Beine zu stellen. Als die Alliierten auf dem Wiener Kongress davon erfuhren, entschlossen sie sich, den Franzosen endgültig unschädlich zu machen. Die Briten zogen unter dem Herzog von Wellington im heutigen Belgien ihre Truppen zusammen. Von Osten kamen die Preußen unter Feldmarschall Blücher.
Napoleon wollte sich die Gegner nacheinander vorknöpfen. Er ahnte nicht, dass Preußen und Großbritannien eine Allianz geschlossen hatten. Jedenfalls machte er sich in den ersten Juni-Tagen des Jahres 1815 auf Richtung Brüssel. Am 15. Juni überschritt die französische Armee die Grenze zu den Niederlanden, zu denen Belgien damals gehörte. Schon einen Tag später traf die Grande Armee in Ligny, zwischen Charleroi und Wavre, auf die Preußen. Die Franzosen schlugen die Deutschen in die Flucht, versäumten es aber, gleich die Verfolgung aufzunehmen, um Blücher zu vernichten.
Der 18. Juni 1815: Ein Feld zwischen den Ortschaften Lasnes, Genappe, Braine-l'Alleud und Waterloo. Showdown. Die Franzosen trafen auf die Briten, Napoleon gegen Wellington. Lange Zeit schienen die Franzosen die Oberhand zu haben. Sie erlitten allerdings hohe Verluste. Gegen Abend erreichte völlig überraschend die neu formierte preußische Armee das Schlachtfeld. Die Franzosen konnten nicht mehr standhalten, die Schlacht war verloren. Die Grande Armee wurde vernichtend geschlagen. Der Blutzoll der Schlacht von Waterloo war fast ohne Beispiel: Fast 50.000 Männer starben an einem einzigen Tag, die Hälfte von ihnen Franzosen. Auch für Napoleon war es definitiv das Ende: Wenig später war die sogenannte "Herrschaft der Hundert Tage" vorbei. Napoleon wurde auf die Insel Sankt-Helena im Südatlantik verbannt. Und auf dem Wiener Kongress wurde Europa endgültig neu geordnet.
Genau deswegen sei Waterloo denn auch nicht nur eine Schlacht, sondern zugleich auch ein Symbol der Hoffnung. Waterloo war ein heilsamer Schock. So groß die Feindschaft, so grausam der Schock, so sehr hat das später die Grundlage für eine umso größere Einheit gelegt. Und dieses Projekt, das ist die europäische Einigung. "Wir sind denn auch nicht hier, um uns an eine Schlacht zu erinnern", sagte die Bürgermietserin von Waterloo, Florence Reuter. Hier steht nur die Versöhnung im Mittelpunkt, der Frieden.
Bis zum Sonntag werden große Nachstellungen des historischen Schlachtverlaufes stattfinden.
Bilder: Dirk Waem, Frederic Sierakowski (belga)