In der Abgeordnetenkammer ist es am Mittwoch wieder einmal heiß hergegangen. Gestritten wurde erneut über die geplante Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke Doel 1 und Doel 2. Im Fokus stand vor allem wieder die föderale Energieministerin Marie-Christine Marghem, die von der Opposition sogar der Lüge bezichtigt wurde.
Und gleich zum Auftakt der Debatte ging es dann auch schon voll zur Sache. Wieder kam es zu einem Clash zwischen den Grünen und der föderalen Energieministerin Marie-Christine Marghem. Im Mittelpunkt: Der Vertrag, den der belgische Staat mit den Energiekonzernen Electrabel und EDF abgeschlossen hat mit Blick auf die Laufzeitverlängerung von Tihange 1.
Nach Presseinformationen soll sich die Vorgängerregierung darin darin verpflichtet hat, dass der Staat beiden Unternehmen eine Entschädigung zahlt, falls der Reaktor vorzeitig abgeschaltet werden soll. ECOLO und Groen verlangen immer noch, dass diese Konvention öffentlich gemacht werden soll.
Und dann wird es etwas kompliziert: Die grünen Abgeordneten Kristof Calvo und Jean-Marc Nollet glauben, dass die Energieministerin den Vertrag veröffentlichen musste. "Legen sie doch bitte endlich mal Transparenz an den Tag", forderte Jean-Marc Nollet. "Geht nicht", erwidert Energieministerin Marie-Christine Marghem. Sie könne nicht den Vertrag öffentlich machen, wenn nicht alle Unterzeichner damit einverstanden sind.
Die Grünen bleiben aber hartnäckig: Marghem sei sogar verpflichtet, den Vertrag zu veröffentlichen. Sie berufen sich dabei auf einen angeblichen Beschluss einer föderalen Einspruchskommission.
Marghem liest besagten Beschluss vor. Rumoren auf den Bänken von ECOLO und Groen: "Da fehlt doch was! Sie unterschlagen doch die Hälfte des Textes."
Und es stellt sich plötzlich heraus, dass es zwei Beschlüsse gibt. Und aus dem anderen Dokument mag man herauslesen können, dass die Regierung tatsächlich den Vertrag mit den Energiekonzernen hätte öffentlich machen müssen.
Großes Fragezeichen auf vielen Gesichtern. "Was ist denn da los", scheint da so mancher zu denken.
Der SPA-Altmeister und ehemalige Föderalminister Johan Vande Lanotte haut dann mit voller Wucht auf den Nagel: entweder, die Ministerin hat bewusst den Beschluss unterschlagen; oder sie kannte ihn gar nicht, weil ihr Kabinett ihr das Dokument nicht weitergereicht hat. Er wisse nicht, was da schlimmer ist.
Und dann geht es plötzlich richtig los. Richard Miller, MR-Abgeordneter und Parteifreund von Marghem, poltert los: "Ihr haltet Euch wohl für die Saubermänner", wendet er sich an die Grünen. "Ihr glaubt sogar, dass ihr dem Rest der Welt vorwerfen dürft, im Parlament zu lügen." Und die Energieministerin hakt ein: "Ich bin es langsam leid." Seit Wochen werde sie von den Grünen attackiert, dabei gehe der Inhalt komplett verloren.
Später muss sie dann aber doch zugeben, dass da wohl was schief gelaufen ist. Sie werde eine Untersuchung anordnen, um nachzuvollziehen, warum das Dokument nicht bis zu ihr durchgedrungen ist. Eigentlich dann doch wieder ein Punktsieg für die Opposition. Die ohnehin schon angeschlagene Energieministerin hat also auch diesmal nicht durch Souveränität geglänzt.
In einem Punkt hatte sie aber recht: Die Debatte über die Laufzeitverlängerung von Doel 1 und Doel 2 ist damit keinen Schritt weitergekommen. Sagen wir mal so: Die grüne Opposition tut das, wofür sie da ist. Das können aber vielleicht nicht alle von sich behaupten ...
Foto: Kristof Van Accom (belga)