Kris Peeters ist innerhalb der Regierung in einer wenig beneidenswerten Situation. Seine CD&V steht der christlichen Gewerkschaft CSC nahe - Peeters ist also derjenige, der den Arbeitnehmervertretungen immer wieder die Reformpolitik der Regierung verkaufen muss. Dabei darf er den Gewerkschaften aber nicht zu viel versprechen, ansonsten bekommt er Ärger mit den Koalitionspartnern, angefangen bei der N-VA. Dauerclinch, so könnte man den Alltag von Kris Peeters also zusammenfassen.
Und dann gibt es eben so Tage, an denen man es von allen Seiten drüber bekommt. Erst haben die Gewerkschaften dem Arbeitsminister sein Rundtischgespräch verhagelt. Peeters wollte mit den Sozialpartnern über das Laufbahnende beraten: Welche Grundvoraussetzungen, welche Möglichkeiten muss man schaffen, damit es überhaupt möglich ist, länger zu arbeiten?
Wer A sagt, der müsse nämlich auch B sagen, so betonte Kris Peeters in seiner Einführungsrede. "Wenn wir von den Menschen erwarten, dass sie gegebenenfalls bis 67 arbeiten müssen, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass sie das hinbekommen." Der Rundtisch steht unter dem Motto: "Machbare Arbeit". Im Raum stehen da allerlei Optionen: Man kann etwa die Möglichkeit schaffen, dass ältere Arbeitnehmer kürzer treten. Man müsse aber auch über andere Wege der Vergütung nachdenken. Ältere Arbeitnehmer seien immer noch zu teuer und würden deshalb schneller vor die Tür gesetzt.
Über diese Fragen musste Peeters allerdings zumindest auf Gewerkschaftsseite mit der zweiten Garnitur diskutieren. Die Chefs von CDC und FGTB ließen sich entschuldigen. Für solche Fragen gebe es den Sozialen Dialog, sprich: die Zehnergruppe, sagte etwa FGTB-Generalsekretär Marc Goblet. Er habe keine Lust, in einem Regierungstheater aufzutreten.
Wir wollen über Arbeitsplätze reden, die diesen Namen verdienen, sagte CSC-Generalsekretärin Marie-Hélène Ska. "Wenn es hier nur darum geht, über noch mehr Flexibilität zu diskutieren - dann ohne uns."
Kris Peeters machte gute Miene zum bösen Spiel, und der Tag wäre damit noch halbwegs gerettet gewesen, wenn da nicht auch noch Störfeuer aus dem fernen New-York gekommen wäre. Dort nimmt N-VA-Chef Bart De Wever in seiner Eigenschaft als Bürgermeister von Antwerpen gerade an einer Sicherheitskonferenz teil. Bei der Gelegenheit war er auch zu Gast bei der örtlichen "belgisch-amerikanischen Handelskammer".
Und dabei gab er einen seinen berühmt berüchtigten Seitenhiebe zum Besten: "Gut, wir haben ja mit Pieter De Crem einen Staatssekretär für Außenhandel", sagte De Wever. Dies allerdings auf der föderalen Ebene, wobei die Zuständigkeit doch bei den Regionen liege. Deswegen frage er sich auch, was De Crem (wie Peeters CD&V) so den ganzen Tag mache. Das nennt man wohl "einen Tritt in die Weichteile".
Bei der CD&V dürfte sich jedenfalls der eine oder andere am morgendlichen Kaffee verschluckt haben. De Crem ist dem Vizepremier Kris Peeters zugeteilt, und der übernahm es dann auch, dem New-York-Reisenden zu antworten: Da müsse wohl einer unbedingt zu allem seinen Senf dazugeben. Im vorliegenden Fall könne er den Mehrwert aber nicht erkennen. Der Chef einer Mehrheitspartei sollte lieber auf solche Einlassungen verzichten.
Nicht umsonst hat die flämische Presse diese Regierung wegen ihrer ständigen Reibereien liebevoll das "Kabbel-Kabinett" getauft. Tagesbilanz aus Sicht von Kris Peeters also: Die Gewerkschaften bocken mal wieder, und die Regierung ist um einen Knatsch reicher. Und täglich grüßt das Murmeltier.
Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA