"Belgien geht mit roten Ohren zum Klimagipfel", so formuliert es die Zeitung De Standaard. Es ist so: Bei der Klimakonferenz in Bonn muss Belgien darlegen, was man in Sachen Klimaschutz vorzuweisen hat. Die belgischen Vertreter hätten da eine nicht unbedingt rühmliche Bilanz im Gepäck, sagte der Groen-Abgeordnete Hermes Sanktorum. Die Botschaft laute nämlich: "Belgien wird seine Klimaschutzziele für 2020 verfehlen". Konkret würden in Belgien im Jahr 2020 fünf Millionen Tonnen CO2 mehr ausgestoßen, als vereinbart. "Und, schlimmer noch", sagt der flämische Grüne: Neueste Prognosen zeigten, dass Belgien mittelfristig wieder mehr Treibhausgase ausstoßen werde. Das sei total absurd und habe nur damit zu tun, dass man in diesem Land nicht entschlossen genug gegen den Klimawandel vorgehe.
Stimmt nicht, erwidert die flämische Umweltministerin Joke Schauvliege. Der Kollege habe wohl andere Zahlen gesehen als sie. Aus dem Bericht, den die Belgier am Donnerstag in Bonn präsentieren werden, gehe ganz klar hervor, dass Belgien seine Klimaschutzziele 2020 erfüllen wird. Insofern verstehe sie auch nicht die Schlagzeilen von wegen "Rote Ohren".
Doch Hermes Sanktorum legt nach: Grundproblem in Belgien sei ja schon, dass sich die Regionen des Landes nicht einig sind in der Frage, wer welche Anstrengungen unternehmen muss. Die EU verlange, dass Belgien bis 2020 15 Prozent weniger CO2 ausstößt. Es gebe aber auch nach sechs Jahren Verhandlungen immer noch kein innerbelgisches Abkommen, das die Lastenverteilung regelt. Das stimmt wiederum, räumt die flämische Umweltministerin Joke Schauvliege ein. In der Tat seien sich die Regionen und der Föderalstaat nach wie vor nicht über die Lastenverteilung einig. Das allerdings bedeute nicht, dass dafür in Sachen Klimaschutz nichts passiere. Die flämische Umweltministerin spricht da im Übrigen nur für sich. In der Tat: Flandern hat einen Klimaschutzplan. Das gilt aber nicht für die anderen Regionen und auch nicht für den Föderalstaat.
Dieser innerbelgische Streit führt aber zu einer ebenso typischen, belgischen Absurdität: Es ist so: Belgien hätte Anrecht auf rund 250 Millionen Euro, die aus dem Erlös des Emissionsrechtehandels stammen. Damit könnten dann Maßnahmen zum Klimaschutz finanziert werden. Dieses Geld existiert, es liegt aber auf einem Sperrkonto der Nationalbank und kann erst losgeeist werden, wenn es eine Einigung über die Lastenverteilung gibt. Das mache die Verhandlungen nicht einfacher, sagte die flämische Umweltministerin in der VRT. Wer wieviel CO2 einsparen muss, darüber könne man sich ja noch einigen. Doch sei Flandern der Ansicht, dass der, der die größten Anstrengungen unternimmt auch am meisten Geld bekommen sollte.
Das geht so weit, dass sich die Justiz jetzt in den Streit einschalten muss. In einer Woche treffen sich alle Beteiligten, also die drei Regionen und der Föderalstaat, in dieser Sache vor Gericht. Der Groen-Abgeordnete Hermes Sanktorum bleibt denn auch dabei: Dieser innerbelgische Knatsch sorge dafür, dass Belgien in Sachen Klimaschutz hinterherhinke: Wir verlieren unglaublich viel Zeit.
Bild: Patrik Stollarz (afp)