Die schnelle Katastrophen-Einsatztruppe B-Fast wird erst am Montagnachmittag in Kathmandu landen können. Grund sind Verspätungen durch zwei Zwischenlandungen und eine veränderte Flugroute. Das B-Fast-Team wird gegen 16:00 Uhr Ortszeit in Kathmandu erwartet. Mehrere Stunden werden nötig sein, um das Material auszuladen. Das Team wird erst am frühen Dienstag einsatzbereit sein.
Um 20:30 Uhr am Sonntagabend war die Maschine mit dem B-Fast-Team an Bord in Richtung Nepal gestartet: 43 Spezialisten, darunter Ärzte, Feuerwehrleute, Katastrophenschützer. Mit dabei sind auch vier Suchhunde. Dieses Team ist speziell ausgerüstet für die erste Nothilfe in einem Erdbebengebiet. Die Mission: Menschen aus den Trümmern bergen. Dafür wird auch das entsprechende Material mitgeführt, zehn Tonnen insgesamt.
Für diese Mission ist es eigentlich schon recht spät. Das Erdbeben hat sich vor rund 48 Stunden ereignet. Die Wetterbedingungen seien aber vergleichsweise günstig: Es sei nicht zu warm und nicht zu kalt, außerdem sei die Luftfeuchtigkeit ausreichend. Unter diesen Umständen könnten Menschen längere Zeit überleben, und deswegen sei man guter Hoffnung, dass man noch Überlebende aus den Trümmern bergen könne.
Wie lange das Rettungsteam vor Ort bleiben wird, ist noch offen, im Prinzip entscheiden das die nepalesischen Behörden. Standardmäßig ist die Mission auf zehn Tage ausgelegt. Wie Außenminister Didier Reynders erklärte, werde das B-Fast-Team voraussichtlich schon heute einsatzbereit sein. Mit an Bord des belgischen Flugzeugs waren auch drei Mitarbeiter einer UN-Hilfsorganisation sowie drei luxemburgische und zwei deutsche Spezialisten.
Auch Ärzte ohne Grenzen Belgien hat am Sonntag ein Hilfsteam nach Nepal entstandt. Außerdem sollen am Montag und Dienstag zwei Transportflugzeuge in das Krisengebiet aufbrechen. Ärzte ohne Grenzen will pro Flug jeweils 25 Tonnen Hilfsgüter wie Medikamente, OP-Material und Geräte zur Wasserreinigung und Kommunikation befördern. Mehrere Hilfsorganisationen in Belgien riefen die Bevölkerung zu Spenden auf.
Zum Zeitpunkt der Katastrophe hatten sich 140 Belgier in Nepal aufgehalten. Von 21 fehlt weiter jedes Lebenszeichen, 119 von ihnen sind wohlauf. Das Außenministerium schaltete eine Krisenhotline frei.
Internationale Hilfe für Nepal läuft an
Zwei Tage nach dem schweren Erdbeben im Himalaya finden die Helfer weiter zahlreiche Tote. Allein in Nepal kamen nach Regierungsangaben vom Montag mindestens 3326 Menschen ums Leben. Für die Rettungs- und Hilfsarbeiten würden alle verfügbaren Kräfte eingesetzt. Das Militär erklärte, 90 Prozent aller nepalesischen Soldaten seien im Einsatz. In Indien starben bei dem gewaltigen Beben 62, in China mindestens 20 Menschen.
Den Überlebenden machten in der Nacht starke Regenfälle zu schaffen. Viele Bewohner der Region leben in Zeltstädten, da sie sich aus Angst vor Nachbeben nicht in ihre Häuser zurücktrauen. Nepals Regierung spricht von mehr als 6000 Verletzten. Überlebende berichten, viele Straßen seien durch Erdrutsche oder aufgerissenen Teer nicht passierbar. Nachbeben lassen die Erde weiter erzittern.
Das Tourismusministerium versicherte, ein Fokus der Hilfskräfte sei es auch, die festsitzenden Urlauber in Sicherheit zu bringen. Allein aus dem Basislager am Mount Everest seien 82 Menschen ausgeflogen worden, sagte Suresh Man Shrestha vom Ministerium. Dort waren mindestens 19 Bergsteiger und Helfer in einer Lawine gestorben. Dutzende sitzen noch am höchsten Berg der Welt fest.
Die Europäische Kommission versprach dem bitterarmen Nepal drei Millionen Euro Soforthilfe. Das Geld solle zusätzlich zu den Hilfen der einzelnen Mitgliedstaaten und zur Entsendung von Zivilschutzexperten in die Erdbebenregion fließen, erklärte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe, Christos Stylianides. Am dringendsten würden medizinische Helferteams und Nothilfe-Lieferungen benötigt.
In Nepals Hauptstadt Kathmandu hätten viele Menschen in der vergangenen Nacht in Parks zusammen gekocht und getrommelt, berichtet der deutsche Reisefotograf Jordane Schönfelder. "Es herrscht eine solidarische Atmosphäre", sagt er. Viele Menschen seien auf Nachbarschaftshilfe angewiesen. Es gebe keine Informationszentren und nur wenige Soldaten und Polizisten. "Selbst nach den Verschütteten graben die meisten Leute selber."
Stärkste Erschütterung des Bodens seit mehr als 80 Jahren
Das Erdbeben der Stärke 7,8 war die stärkste Erschütterung des Bodens in Nepal seit mehr als 80 Jahren. Dem Beben am Samstag folgten viele Nachbeben. Das ganze Ausmaß der Zerstörung war noch nicht abzusehen, weil viele abgelegene Dörfer zunächst nicht erreicht wurden. Auch Kathmandu war nicht mehr über den Landweg erreichbar, nachdem ein Nachbeben der Stärke 6,7 die Ost-West-Landstraße bei Mugling und Narayanghat blockierte.
Der Erdstoß mit seinem Epizentrum etwa 80 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kathmandu zerstörte große Teile der Infrastruktur Nepals, viele alte Häuser sowie Weltkulturerbe- und Pilgerstätten. Weite Teile des Erdbebengebiets blieben auch am Sonntag ohne Strom. Die Wasserversorgung war unterbrochen und die meisten Tankstellen waren geschlossen.
Viele Organisationen riefen zu Spenden für die Erdbebenopfer auf und entsandten ebenfalls Helfer und Material. Die Liste der Länder, die in den ersten 24 Stunden ihre Unterstützung ankündigten, reicht von Sri Lanka über Japan und Russland bis Belgien, Frankreich und Luxemburg. Nepal rief den Notstand in den betroffenen Gebieten aus, in denen 6,6 Millionen Menschen leben.
Nach den schweren Erdbeben in Nepal warnen Fachleute vor dem Ausbruch von Krankheiten. Es wird befürchtet, dass es zu Epidemien kommen könnte. Wie der Koordinator der Arbeiterwohlfahrt International in Kathmandu erklärte, sei die Trinkwasserversorgung ausgefallen und Regen verschlimmere die Lage.
Die Krankenhäuser seien komplett überlastet. Auf den Straßen herrsche allgemeines Chaos, besonders schlimm sei die Situation in den Dörfern. Dort sei bis zu 100 Prozent der gesamten Bausubstanz zusammengefallen. Umso schwieriger werde es jetzt, medizinische Nothilfe zu leisten. Die Hilfsarbeiten liefen bislang "relativ unkoordiniert". Blutkonserven und Medikamente gingen zur Neige, erklärten die Vereinten Nationen (UN). Schulen und Universitäten bleiben für eine Woche geschlossen. Gesteuert wird die Hilfe für Nepal vom UN-Büro zur Nothilfe-Koordinierung (OCHA). Hilfsflugzeuge aus aller Welt erreichten Kathmandu mit Gütern wie Nahrungsmitteln, Medikamenten und Kommunikationsgeräten.
belga/dpa/cd/rop - Bild: Benoit Doppagne (belga)