"Noch über ein weiteres Drama möchte ich heute sprechen", sagte Monseigneur André-Joseph Léonard bei seiner Osterpredigt in der Brüsseler Kathedrale Sankt-Michel und Sankt-Gudula. Vor einigen Tagen hat sich die Verabschiedung des Gesetzes zur Liberalisierung der Abtreibung zum 25ten Mal gejährt.
Abtreibung: ein Drama. Und um das zu illustrieren, zieht der Erzbischof und Vorsitzende der belgischen Bischofskonferenz ein sehr emotionales Register. Das kleine Kind im Schoße der Mutter, wie man es auch auf Echographien sehen kann, dieses kleine Kind versuche am Anfang noch, der Aggression zu entfliehen, indem es sich an die Gebärmutterwand zurückziehe. Aber vergebens: bald sei es nur noch "biologischer Abfall".
Und die Zahlen würden für sich sprechen, fügte Léonard hinzu: es sei zwar schwierig, da Schätzungen vorzunehmen, aber seit das Gesetz in Kraft getreten ist, seien 300.000 Kinder legal abgetrieben worden.
25 Jahre Abtreibungsgesetz, das sei aber auch der Zeitpunkt, sich an die Geste von König Baudouin zu erinnern, sagte Léonard. Der König hatte sich geweigert, dieses Gesetz gegenzuzeichnen, und hatte damit eine schwere Staatskrise heraufbeschworen. Das sei ein fast schon prophetischer Akt gewesen, sagt Léonard immer noch voller Bewunderung über König Baudouin. Er habe das Gesetz nicht mit seinem Gewissen vereinbaren können, und er habe mit seiner Haltung ein ewigwährendes Zeichen gesetzt; die Botschaft: Man dürfe das Drama der Abtreibung nie banalisieren.
Die Reaktion auf diese Äußerungen ließ nicht lange auf sich warten. Insbesondere Frauenverbände gingen an die Decke. Léonard predige hier eine Rückkehr ins Mittelalter, wetterte Vivane Teitelbaum, Vorsitzende des frankophonen Frauenrates. Der Erzbischof ziehe es wohl vor, dass man Abtreibungen wieder im Verborgenen vornehme, womöglich mit Stricknadeln.
Damit das ein für allemal klar ist, fügt Teitelbaum hinzu: Hier gehe es um erworbene demokratische Rechte; es gebe keinen Weg zurück, über die Liberalisierung der Abtreibung werde nicht mehr diskutiert.
Und auch Léonards Wortwahl bringt die Frauenrechtlerin zum Kochen. Erst die emotionale Schiene, und dann auch noch Zahlen präsentieren, die nur bedingt aussagekräftig seien, beklagt Viviane Teitelbaum. 300.000 Abtreibungen, die Zahl mag korrekt sein. Léonard vergesse aber, dass in Ländern, wo Abtreibung legalisiert ist, die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche erwiesenermaßen niedriger sei als dort, wo es verboten ist.
Zwei Botschaften richtet Viviane Teitelbaum denn auch an den Erzbischof: Erstens: es gebe in diesem Land die Trennung von Kirche und Staat. Und zweitens: Der Bauch einer Frau gehört ihr, in jedem Fall nicht der Kirche.
Archivbild: Laurie Dieffembacq (belga)
Sollte man den haarsträubenden Ideen eines alten Junggesellen im Rock, der geistig im dunkelsten Mittelalter lebt, wirklich soviel Aufmerksamkeit schenken...? Kann man überhaupt in Frauenfragen einer Sekte glauben schenken, in der nur Männer das Sagen haben?
Frauen müssen ihres eigenen Körpers "Herr" sein.
Welches Drama?
Leonard bekennt sich zum Schutz des ungeborenen Lebens, das ist kein Drama, sondern für einen überzeugten Katholiken Pflicht.
Herr über seinen Körper zu sein ändert nichts an der Tatsache, dass heranwachsendes Leben im Mutterleib getötet wird. Ein bekennender Katholik kann und darf das nicht gutheißen.
Aufregung über seine Äußerungen sind unnötig, da die Trennung von Staat und Religion gewährleistet sind und somit jedermann seine Entscheidung nach bestem Gewissen treffen kann und darf.
Die Kritik eines Kirchenmannes sollte aber schon ausgehalten werden können.
Hat Herr Léonard nicht das Recht, seine Meinung zu äussern? Warum sollten nur die Befürworter der Abtreibung ihre Meinung äussern dürfen? Gerade Liberale müssten diese Toleranz besitzen, oder predigen sie nur Toleranz? Diese Frauenrechtlerin bringt auch mich zum Kochen.
Stelle fest, dass bisher nur das männliche Geschlecht zu diesem brisanten Thema Stellung bezieht. Persönlich halte ich mich auch diesbezüglich mit der meinen zurück, da ich nicht mehr im gebärfähigen Alter bin .