Das Thema Fluglärm ist fast so alt wie der Flughafen selbst. Fast, weil als das Flugfeld in Zaventem 1958, pünktlich zur Brüsseler Weltausstellung, zum ersten Mal ausgebaut wurde, befand sich das Airport-Gelände noch mitten in der Pampa. Das ist heute nicht mehr so. Zahlreiche Häuser sind im flämischen Randgebiet dazu gekommen. Die dichtbesiedelte Hauptstadt-Region ist nur ein paar Kilometer entfernt. Und auch die Wallonie ist betroffen. Es gibt zahlreiche Anwohner-Vereinigungen und die haben alle eine andere Meinung, sagt Verkehrsministerin Jacqueline Galant (MR). "Ich habe alle Betroffenen angehört und muss jetzt etwas Abstand gewinnen."
Das Ziel: Es soll ein neuer Flugroutenplan her – nach möglichst objektiven Kriterien. Bis dahin gelten wieder die alten Überflugpläne. Eine Entlastung für Brüssel, dafür wieder mehr Fluglärm in den nördlichen und östlichen Randgebieten Brüssels.
Für massiven Protest hatten im vergangenen Jahr die neuen Flugrouten von Staatssekretär Melchior Wathelet gesorgt. Aus bis heute unerklärlichen Gründen hatte er am 6. Februar 2014, drei Monate vor der Wahl, weitgehende Änderungen eingeführt und für massive Lärmbelästigung in vielen der dichtbesiedelten Brüsseler Kommunen gesorgt. Im vergangenen Sommer gab ein Gericht den Anwohnern Recht: Wathelets neue Flugrouten dürfen nicht weiter benutzt werden. Aus Sicherheitsgründen dauert eine Änderung der Start- und Landebestimmungen aber mehr als ein halbes Jahr. Das ist auch der Grund, warum die Rückkehr zur alten Regelung der Flugsicherung Belgocontrol erst ab heute erfolgen kann.
"Die Lage ist festgefahren", analysiert Verkehrsministerin Jacqueline Galant. "Meine Vorgänger haben alles nur noch schlimmer gemacht." Sie nennt sie zwar nicht, aber Vorwürfe macht Galant unter anderem den ehemaligen Verkehrs-Staatssekretären Wathelet von der CDH, Etienne Schouppe von der CD&V und Isabelle Durant von Ecolo. Sie alle hätten sich von der ein oder anderen Interessensgruppe instrumentalisieren lassen und das Allgemeinwohl aus den Augen verloren.
Bereits in einem Monat sollen zwei Maßnahmen die Anwohner entlasten: Flugzeuge in Brüssel dürfen nicht mehr stufenweise landen, sondern müssen den Sinkflug geradlinig durchführen. Durch das sogenannte CDO-Prinzip werden die Geräusche der landenden Maschinen um die Hälfte reduziert. Außerdem werden die Airlines verpflichtet, in Brüssel nach dem NADP1-Verfahren zu starten. Das heißt steiler, damit sie schneller an Höhe gewinnen. Auch das soll die Lärmbelästigung reduzieren. In anderen stadtnahen Flughäfen wie Paris, Zürich oder Genf sind solche Starts ebenfalls vorgeschrieben.
Die Rückkehr zu den alten Flugplänen ist keine nachhaltige Lösung, nach der wird weiter gesucht. Es geht darum, die Bedürfnisse von Brussels Airport und die Nöte der Anwohner unter einen Hut zu bringen, erklärt Verkehrsministerin Jacqueline Galant.
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