Um den Gesundheitszustand der Wallonie zu überprüfen, schaut Paul Magnette auf wichtige Indikatoren: unter anderem Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit und Export. In allen drei Bereichen gehörte der Süden des Landes lange zu den schlechten Schülern Europas. Inzwischen lasse sich aber eine deutliche Verbesserung feststellen. Die Wallonie habe spürbar aufgeholt und befinde sich mittlerweile im EU-Mittelfeld. Die Wallonie sei wieder auf den Zug aufgesprungen, sagt Paul Magnette.
Trotz massiver Arbeitsplatzverluste in der Industrie würden in anderen Wirtschaftszweigen neue Jobs geschaffen. Für den sozialistischen Ministerpräsidenten ein weiteres Indiz dafür, dass der angestrebte Strukturwandel in der Wallonie dank des inzwischen vierten Marshall-Plans der Regierung in Namur funktioniert.
Besonders beim Export habe der Süden des Landes aber noch großen Nachholbedarf: Nur ein Fünftel der aus Belgien ausgeführten Waren stammt aus der Wallonie. Auch sei der Unternehmergeist der Wallonen zu wenig ausgeprägt.
Die Opposition zeigt sich erwartungsgemäß deutlich weniger optimistisch. Seit Jahren bekomme man von den wallonischen Ministerpräsidenten dieselbe Laier zu hören, beklagt etwa Jean-Luc Crucke von der MR. "Paul Magnette ist bereits der fünfte Ministerpräsident, der uns erklärt, dass es aufwärts mit der Wallonie geht. Seine Vorgänger haben uns das auch schon verklickert", meint Curcke. "Was wir brauchen sind aber Taten. Die Arbeitslosigkeit in der Wallonie ist noch immer doppelt so hoch wie in Flandern. Uns läuft die Zeit davon, es muss sich endlich etwas ändern."
Für die Grünen ist Magnettes Analyse zum Zustand der Wallonie nicht vollständig. "Keine Angaben zur Armut, kein Hinweis auf schwierige Umweltfragen", bemängelt Stéphane Hazée von Ecolo.
Man müsse aufhören mit dieser ständigen Schwarzmalerei, mit diesen Karikaturen – meint dagegen Paul Magnette: Die Wallonie sei besser als ihr Ruf.
Magnette fordert neuen industriellen Aufbruch
Paul Magnette (PS) hat in seiner ersten großen Parlamentsrede zur Lage der Region die Eckpunkte der Regierungspolitik benannt. Im Sinne einer guten wirtschaftlichen Entwicklung bedürfe es zunächst bedeutender Anstrengungen zur Reindustrialisierung der Wallonie. Teil der Strategie soll es sein, die kleinen und mittleren Unternehmen besser zu unterstützen.
Außerdem stellte Paul Magnette eine neue Politik zur ökonomischen Entwicklung der Städte vor. Diese seien die eigentlichen Motoren des Wachstums. Vor vollbesetzten Rängen zeichnete Magnette das Bild einer Wallonie, die schwere Zeiten hinter sich habe, sich jetzt aber im Aufbruch befinde. Trotz einiger Schwächen habe die Region vor allem bei Beschäftigung und Wachstum den Anschluss an das europäische Mittelfeld gefunden.
belga/rs - Bild: Eric Lalmand (belga)