Pestizide: ein Segen oder eine unkalkulierbare Gefahr? Die Unkraut- und Insektenvertilgungsmittel seien inzwischen jedenfalls in der Regel besser als ihr Ruf, sagt Alfred Bernard, Professor für Toxikologie an der Katholischen Universität Löwen (UCL).
Man sollte jedenfalls nicht alle diese Produkte über einen Kamm scheren: Einige seien so stark, dass man sie als chemische Waffen einsetze, andere hätten nur einen sehr bedingten Einfluss auf das Ökosystem und die menschliche Gesundheit. In vielen Ohren mag sich das beschwichtigend anhören. Das, so sagt der Toxikologe, habe vor allem historische Gründe.
Ein Name: DDT. Das Insektenvertilgungsmittel galt Jahrzehntelang als Wunderwaffe, insbesondere im Kampf gegen Malaria. Bis man feststellte, dass sich das Gift in den Organismen nicht abbaute, sondern im Gegenteil: anreicherte. Einige Vogelarten wären beinahe ausgestorben. Und auch für die menschliche Gesundheit waren die Risiken viel zu hoch. Deswegen wurde DDT in den 1970er Jahren verboten. Seitdem hätten Pestizide schlechte Presse, sagte Professor Albert Bernard in der RTBF. Deswegen müsse man da einige Dinge zurechtrücken.
Umweltschützer sehen das etwas anders. Immer noch stellten Pestizide eine nicht zu verachtende Gefahr für die Natur und auch für den Menschen dar, sagt etwa Bénédicte Charlier von der Umweltschutzorganisation Natagora. Deswegen auch die "Woche ohne Pestizide": Die Menschen sollten sich mit dem Thema befassen, und vor allem: Sie sollten wissen, dass es immer auch Alternativen zur gemeinen Chemiekeule gibt.
Der Toxikologe will diese Risiken auch nicht wegdiskutieren. Man müsse nur feststellen, dass die heutigen Moleküle viel ausgefeilter und zielgerichteter seien und die sich vor allem nicht, wie seinerzeit eben insbesondere DDT, im Körper ansammelten. Hier seien zweifelsohne Fortschritte gemacht worden. Die Umweltschützerin ist anderer Meinung. Das alles mag vielleicht auf einzelne Produkte zutreffen. Allerdings dürfe man da den "Cocktail"-Effekt nicht vergessen. Was passiert, wenn Lebensmittel mit einer ganzen Reihe von Pestiziden behandelt würden? Wie reagieren diese Stoffe miteinander? Man sollte sich jedenfalls durchaus von Zeit zu Zeit mal die Frage stellen, was man da gerade so isst.
Die Frage ist berechtigt, räumt der Toxikologe ein. Und er habe auch nie jemand behauptet, dass Pestizide keinerlei Gefahren beinhalten. Das größte Problem, das sei die Dosierung. Bei Landwirten, die von Berufs wegen mit solchen Substanzen arbeiten, seien die Folgeschäden klar dokumentiert. Und das gilt auch für den gemeinen Hobbygärtner. Die Menschen unterschätzten häufig, dass die Produkte, die sie in den Garten versprühen, durchaus gefährlich sein können, wenn man sich nicht ausreichend schützt, sagt Bénédicte Charlier von Natagora.
Eins dieser Produkte, noch dazu ein weit verbreitetes, ist gerade erst ins Zwielicht geraten: das Unkrautvertilgungsmittel Roundup steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Das jedenfalls besagt eine Studie der Weltgesundheitsorganisation. Die Niederlande haben Roundup kurzerhand verboten. In Belgien ist das noch nicht der Fall. Der föderale Landwirtschaftsminister nannte aber besagte Studienergebnisse "sehr beängstigend".
Vielleicht ein Grund mehr, um den Rat von Bénédicte Charlier von Natagora zu beherzigen: "Halten sie nach Alternativen Ausschau", rät sie zumindest den Privathaushalten: Im heimischen Garten ist es ohne weiteres möglich, auf chemische Pestizide zu verzichten. Es gebe durchaus natürliche Alternativen.
Archivbild: Franz Beckers