Für die HSBC-Bank und den Finanzstandort Schweiz sind die neuesten Enthüllungen keine gute Werbung: Im großen Stil soll die Schweizer Tochter der britischen Bank Steuerflucht ermöglicht haben.
Ein internationales Journalisten-Netzwerk hat am Montag einen Datensatz mit 100.000 Kunden und möglichen Betrugsfällen in Höhe von 100 Milliarden Dollar veröffentlicht. Zu den mutmaßlichen Steuersündern gehören bekannte Sportler, Promis und Wohlhabende aus aller Welt.
Besonders heikel: HSBC-Bank hat jahrelang Konten von Kriminellen verwaltet. Darunter Freunde des syrischen Diktators Assad, Finanziers des Bürgerkriegs in Burundi und drei Geldgeber der Terrorgruppe Al Kaida. "Als die Namen der Al Kaida-Geldgeber 2003 international bekannt wurden, hätte die Bank ihre Konten sofort auflösen müssen", sagt Lars Bové von der Zeitung "De Tijd". Er gehört zum internationalen Recherche-Netzwerk. Doch statt die Zusammenarbeit zu beenden, konnten die Kriminellen weiter ihr Geld verborgen halten und Geschäfte machen.
Auch im Umgang mit "gewöhnlichen" Kunden sei die HSBC völlig illegal vorgegangen, meint Alain Lallemand von Le Soir, der dem Journalisten-Netzwerk ebenfalls angehört. "So geht kein rechtmäßiges Finanzhaus vor. HSBC hat Konten von Strohmännern akzeptiert, kodierte Kontonummern und kodierte Nachfragen der Kunden. So haben Kunden in E-Mails an Bankangestellte nach dem Preis des Kaviars gefragt, um ihren Kontostand zu erfahren ..."
Das kleine Belgien ist verhältnismäßig weit vorn mit dabei – in den Top 10. Nach Angaben von Le Soir und De Tijd sollen 3.000 Konten dem geleckten Datensatz von HSBC aus dem Jahr 2007 zufolge Belgiern gehören. Sie sollen 6,2 Milliarden US-Dollar auf den Konten des Schweizer Finanzhauses gebunkert haben. Ein Großteil der Steuerflüchtigen soll zum Antwerpener Diamantensektor gehören.
Der belgische Fiskus ermittelt bereits seit drei Jahren im Fall HSBC, genau wie die Steuerfahndung in Frankreich. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Bank hatte den Behörden eine CD mit den Steuerdaten zugespielt. Gegen 500 Belgier laufen bereits Verfahren. "Knapp 200 sind abgeschlossen. Über 400 Millionen Euro an Steuerrückzahlungen und Bußgelder wurden bereits gezahlt", erklärt Francis Adyns vom Finanzministerium.
Auch die Brüsseler Staatsanwaltschaft ermittelt seit Monaten. Im November hatte die Justiz sogar Anklage gegen die HSBC erhoben wegen Betrugs, Geldwäsche im großen Stil und kriminellen Machenschaften. Weil das Rechtshilfegesuch bei den Schweizer Behörden aber bislang nichts erbracht hat, droht die Brüsseler Staatsanwaltschaft jetzt sogar mit internationalen Haftbefehlen gegen die ehemaligen und aktuellen Direktoren der HSBC.
Die Schweiz habe sich bislang taub gestellt. Der Brüsseler Untersuchungsrichter ist aber fest entschlossen, nicht nur gegen die belgischen Steuerbetrüger vorzugehen, sondern auch gegen die ehemaligen und heutigen Direktoren der HSBC in Genf vorzugehen. Wenn es sein muss, auch auf die harte Tour.
Bild: Fabrice Coffrini/AFP