Es war der Vorhof zur Hölle. Vor genau 70 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz von der Roten Armee befreit. Allein an diesem Ort unvorstellbaren Grauens wurden bis zu 1,5 Millionen Menschen ermordet, überwiegend Juden, Sinti und Roma.
Zur Gedenkfeier am Dienstag sind neben dem Königspaar Philippe und Mathilde, Premierminister Charles Michel und Außenminister Didier Reynders auch vier belgische Überlebende an den schrecklichen Ort gereist, den man auch "den größten Friedhof in der ganzen Welt" nennt.
"Als ich in Auschwitz ankam, hieß ich nicht mehr Albert Israel, sondern nur noch 7395. Das war der Beginn der Entmenschlichung", erzählt Albert Israel, heute 88 Jahre alt.
Er ist einer von insgesamt 300 Überlebenden, die 70 Jahre nach der Befreiung noch einmal an den Ort gereist sind, wo sie durch die Hölle gegangen sind. "Wir hatten das Schlimmste befürchtet, aber nicht das Undenkbare", sagt ein Überlebender.
Auch Paul Sobol erinnert sich noch an den unseligen Tag, an dem er in Auschwitz ankam. Der damals 18-Jährige saß im Juli 1944 zusammen mit seinen Eltern und seinen Geschwistern im letzten Deportationszug vom SS-Sammellager Mechelen nach Auschwitz.
Kaum in Auschwitz angekommen, wurde die Familie getrennt. "Wir wussten ja gar nicht, was da passierte", sagt der heute 88-jährige Paul Sobol. Die Nicht-Arbeitsfähigen, die Kinder, die Alten und Schwachen wurden gleich in die Gaskammer gebracht und getötet.
Paul Sobol kam hingegen ins Arbeitslager und sah die ersten Menschen in dieser gestreiften Kleidung. "Graue und blaue Streifen", schildert Sobol. Er hat damals nicht geahnt, dass er seine Mutter nie mehr sehen würde.
Bild: Janek Skarzynski/AFP
Man kann nur dafür werben, sich mit den Zeitzeugen auseinanderzusetzen. Es ist wichtig, sich mit der Geschichte auseinandersetzen. Gerade wir, die wir alles haben, vergessen zu schnell, dass Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit sind, dass sie nicht allein vom Himmel fallen, sondern täglich neu erarbeitet und erkämpft werden müssen.
Wir können selbst in den ergreifenden KZ-Gedenkstätten nur erahnen, was den Opfern angetan wurde - erlebbar nachvollziehen können wir es nicht. Wir haben das Glück und die Gnade der späten Geburt. Mehr Dankbarkeit und Innehalten würden uns im Strudel des Konsums und unserer angeblichen "Probleme" gut zu Gesicht stehen.