Die muslimische Gemeinschaft in Belgien sei nach wie vor geschockt, sagt Noureddinne Smaïli, der Sprecher der Moslemexekutive im Radiosender RTL. Mehr noch: Die Menschen fühlten sich gedemütigt - gedemütigt, weil man diese Bluttat angeblich in ihrem Namen begangen hat. Die Leute sind traurig, verstehen das alles nicht, verstehen nicht, warum man Menschen für nichts umgebracht hat - für nichts.
Ob er denn keine Angst habe, dass Moslems jetzt unter Generalverdacht geraten, fragt der Journalist. Die Antwort des Sprechers der Moslemexekutive ist von fast schon erfrischendem Optimismus geprägt: Nein!, er glaube nicht, dass jetzt alle Muslime über einen Kamm geschoren werden. Nein, nein, die Leute wissen schon, den Unterschied zu machen zwischen Islam und Islamismus. Also, er sei seit 35 Jahren in Belgien und er könne nur sagen, dass Rassismus eigentlich kein Thema ist, sagt Noureddinne Smaïli.
Als Sprecher der Moslemexekutive kann man Noureddinne Smaïli zweifelsohne als einen der Repräsentanten der Muslime in Belgien betrachten. Die Moslemexekutive ist der vom belgischen Staat offiziell anerkannte Ansprechpartner der islamischen Glaubensgemeinschaft.
Und entsprechend bemerkenswert sind denn auch einige Aussagen von Noureddinne Smaïli. Etwa, wenn er dem Rotterdamer Bürgermeister Recht gibt, der ja gesagt hatte, dass Leute, die die westlichen Grundwerte nicht teilen, doch bitte abhauen sollen. Ja, ja, der frühere französische Präsident Sarkozy habe das auch schon gesagt und er teile diese Ansicht, sagt Noureddinne Smaïli: Wem die westlichen Grundwerte nicht passen, der müsse gehen.
Und die Mohammed-Karikaturen? Ob er denn kein Problem damit habe, fragt der RTL-Journalist. Keineswegs, sagt Noureddinne Smaïli. Man solle doch mal bitte den Koran lesen: Das sei ausdrücklich erlaubt. Im Übrigen werde er sich bestimmt nicht über das Gesetz stellen.
Auf das Problem der Syrienkämpfer angesprochen zeigt sich auch bei Noureddinne Smaïli das Unverständnis, die Hilflosigkeit und die Ohnmacht, die anscheinend viele der Eltern von Dschihadisten ebenfalls empfinden: Er habe eigentlich keine Erklärung dafür, sagt der Sprecher der Moslemexekutive. Er könne es einfach nicht verstehen, dass Jugendliche, die hier zusammen mit, sagen wir, "urbelgischen" Klassenkameraden zur Schule gegangen sind, dass die plötzlich in einen Krieg ziehen, der nicht der ihre ist.
Diesem Phänomen müsse man auf den Grund gehen, sagt Noureddinne Smaïli. Und, ja, er sei auch absolut dafür, dass man sich die Hassprediger vornimmt. Also: Schulung von Imamen oder Ausbildung von Mitgliedern der Verwaltungsgremien der Moscheen: Für ihn gehe das völlig in Ordnung. Mehr noch: Das sei nötig:
Er jedenfalls, so sagt der Sprecher der Moslemexekutive, er könne nur wiederholen, wie sehr er die Bluttat von Paris ablehne. Der Islam sei eine Religion des Friedens. Nicht umsonst grüße man sich mit "Salam Aleikum", "der Friede sei mit Dir. Er praktiziere genau das auch in seiner Lütticher Moschee und das stoße auf breite Zustimmung...
Bild: Ozan Kose (afp)