Eine ganze Reihe von neuen Maßnahmen tritt am 1. Januar in Kraft. Da sind zum Teil die Klassiker dabei, so werden zum Beispiel Briefmarken teurer. Ein Teil der neuen Maßnahmen geht noch auf das Konto der Regierung Di Rupo, doch wollte auch die Nachfolge-Equipe von Premier Michel möglichst früh ihre Duftmarke hinterlassen.
Zunächst gilt es natürlich, die Sechste Staatsreform zu verdauen. In Kraft getreten ist die Staatsreform schon am 1. Juli 2014, viele der Neuordnungen greifen aber erst jetzt. Und das ist in Teilen fast schon eine kleine Revolution.
Regionen haben das Sagen
20 Milliarden Euro werden vom Föderalstaat an die Regionen und Gemeinschaften übertragen, die mit dem Geld ihre neuen Zuständigkeiten verwalten werden. Dazu gehört insbesondere das Kindergeld, wobei die bisher zuständige föderale Behörde auch 2015 noch für die Auszahlung verantwortlich sein wird. Ab jetzt sind die Regionen aber auch für den Bereich Straßenverkehrssicherheit zuständig.
Zugleich bekommen die Regionen auch eine deutlich höhere Steuerautonomie. Im Gegensatz zu früher kontrollieren sie deutlich mehr Steuern künftig selbst, können also nach ihren jeweiligen Bedürfnissen oder Politikschwerpunkten Steuern erheben oder vielleicht auch abschaffen. In der Vergangenheit gab es das Beispiel Radio- und Fernsehgebühr, die in Flandern nicht mehr erhoben wird.
Die Regionen sind ab jetzt auch für den Wohnbonus - die Regelung, wonach Wohnungskredite von der Steuer abgesetzt werden können - zuständig. Hier war eine Zeitlang sogar davon die Rede, dass die Regionen den Wohnbonus ganz streichen könnten. Resultat: Viele Menschen haben sich beeilt, um noch in den Genuss der alten Regelung zu kommen. Die Zahl der Anfragen auf Hypothekendarlehen ist buchstäblich explodiert, die letzten Zahlen aus dem Monat Oktober zeigen einen Anstieg um fast 90 Prozent.
Nach dem derzeitigen Stand der Dinge plant die Wallonie hier aber lediglich eine Harmonisierung: Für jeden Antragsteller würden dieselben Regeln gelten, sagte Hughes de Bellefroid, der Vorsitzende des Verbandes der Immobilienmakler in der RTBF. "Für alle Einkommensklassen gilt jetzt, dass 40 Prozent geltend gemacht werden können. Menschen mit kleinen Einkommen profitieren da, Besserverdienende müssen Einbußen hinnehmen", erklärt de Bellefroid.
Ab dem 1. Januar sind die Regionen für Dienstleistungsschecks zuständig. Und Namur hat beschlossen, dass Dienstleistungsschecks nur noch zu zehn Prozent und nicht mehr 30 Prozent von der Steuer abgesetzt werden können. Die gute Nachricht ist, dass die Schecks erstmal nicht wieder teurer werden sollen.
Eingliederungszulage
Föderal bleibt zum Beispiel das Arbeitslosengeld. Und da gibt es eine wesentliche Neuerung, die noch die Regierung Di Rupo verabschiedet hatte. Ab jetzt ist die so genannte "Eingliederungszulage" zeitlich befristet. Diese Hilfe ist für Menschen bestimmt, die nicht lange genug gearbeitet haben, um in den Genuss der "klassischen" Arbeitslosenunterstützung zu kommen. Am 1. Januar wird also einer ganzen Reihe von Menschen diese Zulage gestrichen. Das Nationale Beschäftigungsamt ONEM schätzt deren Zahl auf 30.000. Viele von ihnen werden sich jetzt an die Sozialämter wenden, die in gewissen Regionen einen wirklichen Ansturm befürchten.
Eine andere Neuerung betrifft Rentner, die ab 65 Jahren jetzt unbegrenzt hinzuverdienen dürfen. Bislang galten Obergrenzen, die in der Praxis dazu führten, dass Pensionierte im Grunde so gut wie gar nicht mehr arbeiten konnten.
Im Gesundheitswesen ist vor allem die Vereinheitlichung des Patientenanteils beim Facharzt-Besuch zu erwähnen. Jetzt gilt für alle zwölf Euro, bislang konnte die Eigenbeteiligung zwischen acht und 15 Euro schwanken.
Die neue Regierung wollte zudem dafür sorgen, dass die beschlossenen Steuervorteile schnell für den Bürger spürbar werden. Die pauschale Berufskostenentschädigung wird heraufgesetzt, jeder Arbeitnehmer bekommt demnach netto mehr raus. 2015 sollen das insgesamt 125 Euro sein.
Und das alles sind nur die sichtbarsten Neuerungen. Zu erwähnen ist noch, dass Firmenwagen für viele teurer werden. Im Hotel- und Gaststättengewerbe hält jetzt definitiv die ominöse Registrierkasse Einzug. Schwere Verkehrsübertretungen werden mit höheren Geldbußen geahndet,die Proton-Karte ist definitiv Geschichte, und nicht zu vergessen: die große Reform der Hilfeleistungszonen.
Bild: Narinder Nanu/AFP