Streiks, die Dritte. Und die Gewerkschaften haben ihr Ziel erreicht: Brüssel ist weitgehend lahmgelegt. In den Provinzen Flämisch- und Wallonisch-Brabant sieht die Lage nicht viel besser aus. Es fährt kein Zug. An den Bahnhöfen Brüssel Nord und Brüssel Süd wurden Streikposten errichtet - damit ist die Nord-Süd-Verbindung blockiert, DAS Nadelöhr des belgischen Schienennetzes. Ein Großteil der Intercity-Züge muss diese Trasse passieren, das heißt also: Auch diesmal hat der Streik Auswirkungen auf das ganze Land.
Bei der Brüsseler Nahverkehrsgesellschaft STIB geht ebenfalls nichts mehr: Es rückten keine Busse und Bahnen aus. Bei den wallonischen und flämischen Pendants TEC und De Lijn sieht das ähnlich aus. Außerdem blockierten Protestler einige strategische Straßenkreuzungen. Nicht umsonst war im Vorfeld nachdrücklich davon abgeraten worden, am Montag nach Brüssel zu kommen.
Am Landesflughafen Zaventem konnte das Chaos so gerade noch vermieden werden. Man habe glücklicherweise Zeit genug gehabt, Vorkehrungen zu treffen, sagte ein Sprecher des Brussels-Airport. Das gelte insbesondere für die Fluggesellschaften und Reiseveranstalter. Brussels Airlines hatte eine Reihe von Flügen gestrichen und die Passagiere darum gebeten, ihre Abreise um einen Tag vorzuverlegen beziehungsweise zu verschieben. Touroperators wie Jetairfly oder Thomas Cook wichen auf andere Flughäfen aus: Charleroi, Ostende, Lüttich, sogar Lille und Amsterdam. Immer noch hätten zwar bislang 267 Flüge gestrichen werden müssen, die Passagiere seien aber in der Regel vorgewarnt gewesen. Jedenfalls seien nur wenige in der Abflughalle gestrandet...
Das allerdings ist immer noch erst die Generalprobe. Im Grunde fokussieren sich die Gewerkschaften schon jetzt nur noch auf den kommenden Montag, dem Tag des Generalstreiks, wo also das ganze Land lahmgelegt werden soll.
"Damit das klar ist, wir streiken nicht aus Spaß an der Freude", betonte FGTB-Chef Rudi De Leeuw nochmal in der VRT. Die Menschen fühlten doch, dass etwas nicht stimme: Sie hätten Angst um ihre Jobs, um ihre Gehälter, ihre Pensionen, um das Gesundheitssystem. Und entsprechend entschlossen gingen sie denn auch in den Streik, am heutigen Montag und in der kommenden Woche.
Die Gewerkschaften vermissen derweil weiter jegliches Entgegenkommen von Seiten der Regierung. "Sozialer Dialog, Pustekuchen", sagt FGTB-Chef Rudi Der Leeuw. Das sei doch eine leere Dose. Die Regierung eröffne doch gar keine Spielräume. Die Arbeitgeber seien bei den Verhandlungen auf Rosen gebettet. Dementsprechend blieben die Gewerkschaften in der Defensive.
Langsam aber sicher scheinen die Dauerproteste aber Wirkung zu zeigen. Nach Informationen einiger Zeitungen geht das ganze einigen Regierungsparteien inzwischen mächtig auf die Nerven. Ein Indiz dafür ist vielleicht der Vorstoß des MR-Fraktionsvorsitzenden in der Kammer, Denis Ducarme. Der kündigte in der RTBF-Diskussionsrunde "mise au point" eine Gesetzesinitiative an, um das Recht auf Arbeit festzuschreiben. Es gebe zwar das Streikrecht, sagte Ducarme, und daran wolle ja auch niemand rütteln, das heiße aber nicht, dass man dafür andere daran hindern kann, zur Arbeit zu gehen.
"Provokation", reagierte postwendend die Opposition. Die Koalition solle doch bitte nicht auch noch Öl ins Feuer gießen...
Naja, die Fronten scheinen jedenfalls mehr denn je verhärtet zu sein. Die Gewerkschaften verlangen, dass die Regierung so ungefähr alle beschlossenen Maßnahmen zurücknimmt, allen voran den Indexsprung und die Erhöhung des Renteneintrittsalters. Die Regierung will ihrerseits um keinen Deut von ihrem Kurs abrücken.
Insbesondere bei den Roten denkt man denn auch schon über weitere Protestaktionen nach, die also über den 15. Dezember hinausgehen würden. "Wir werden nach dem Generalstreik Bilanz ziehen", sagt FGTB-Chef Rudi De Leeuw. Und wenn die Regierung stur bleibe, nun dann könnte es im Januar weitergehen...
Die sozialistischen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes hinterlegten inzwischen überraschend eine Streikankündigung auf unbestimmte Dauer ab dem 16. Dezember. Der 16. Dezember ist der Tag nach dem landesweiten Streiktag. Gleichzeitig erklärte der Dachverband, dass er alle Aktionen seiner Mitglieder gewerkschaftlich anerkenne und mittrage.
Bild: Dirk Waem (belga)