Man kennt ihn in Belgien als einen eiskalten Geschäftsmann, der sich nur ungern von der Politik in die Schranken verweisen lässt. Gérard Mestrallet gilt als ein "Zyniker vor dem Herrn", der seine Machtposition gerne maximal ausreizt.
Es war Gérard Mestrallet, der die Übernahme von Electrabel durch den französischen Suez-Konzern einfädelte. Damit wurde er mit einem Mal zum wohl mächtigsten Mann auf dem belgischen Energiemarkt.
In den letzten Monaten hat ihm das aber eigentlich nur Ärger bereitet. Electrabel ist das Opfer einer ausgewachsenen Serie von Pleiten, Pech und Pannen. Erst die ominösen Materialschwächen in den Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 (beide Meiler stehen nach wie vor still), obendrauf kam dann der Sabotageakt im Reaktor Doel 4. Resultat von alledem: In Belgien könnten bekanntlich in diesem Winter die Lichter ausgehen.
Die RTBF hat Mestrallet jetzt im Zug Paris-Brüssel abgepasst und zu alledem befragen können. Und er überrascht sofort mit einer doch beißenden Feststellung. "Für den drohenden Blackout könne man nicht Electrabel verantwortlich machen", sagt Mestrallet. "Die Versorgungssicherheit liegt allein in den Händen der Stromnetzbetreiber. Sie müssen dafür sorgen, dass ausreichend Strom zur Verfügung steht."
Was nicht heiße, dass man sich nicht verantwortlich fühle, fügt Mestrallet aber gleich hinzu. Klar setze Electrabel alles daran, seine Kunden mit Strom zu beliefern. Man trage eben nur nicht die "juristische Verantwortung" für die derzeitige Zwangslage.
Kraftakt
Dazu gehört auch, dass Electrabel alles daransetzt, um den Reaktor Doel 4 wieder ans Netz zu bringen. Anfang August musste der Meiler abgeschaltet werden, weil die große Dampfturbine heißgelaufen war. Es stellte sich heraus, dass jemand absichtlich das Schmieröl abgelassen hatte. Die Turbine musste letztendlich sogar ausgetauscht werden. Das über 100 Tonnen schwere Ersatzteil wurde in dieser Woche angeliefert. Insgesamt war es ein Kraftakt, sowohl personell als auch materiell: Die Kosten für die Instandsetzung werden auf 30 Millionen Euro geschätzt.
"Aber wird sind im Zeitplan", sagt der für Kernanlagen zuständige Electrabel-Direktor Wim De Clercq in der VRT. "Gegen Ende des Jahres wohl kann Doel 4 wieder hochgefahren werden."
Sind die Stromsorgen der Belgier damit Geschichte? Wohl nicht! Allenfalls gäbe es ein bisschen mehr Luft. Eben diese Feststellung verleitete denn auch die neue Energieministerin Marie-Christine Marghem schon vor einigen Wochen zu einer Aussage, die postwendend zu einem Koalitionsstreit geführt hatte: Der Atomausstieg, der 2025 abgeschlossen sein soll - also der vollständige Verzicht auf Kernenrgie binnen zehn Jahren - das sei vielleicht nicht utopisch, aber doch nach dem derzeitigen Stand unrealistisch.
Böse Zungen, wie der ehemalige Föderalminister Johan Vande Lanotte, behaupten denn auch, dass die ganze Blackout-Hysterie im Grunde der Atomwirtschaft nur in die Karten gespielt hat: Die Perspektive eines allgemeinen Stromausfalls habe eigentlich nur dazu geführt, dass eine Laufzeitverlängerung der belgischen Reaktoren für die breite Öffentlichkeit wieder akzeptabler wird.
Fakt ist jedenfalls, dass auch eine Verlängerung der Laufzeiten von Doel 1 und Doel 2 wieder im Raum steht. "Gleich, wie sich die Regierung entscheide, Electrabel ist bereit", sagt dazu Gérard Mestrallet. Allerdings sei Eile geboten, fügt der GDF-Suez-Chef hinzu. Sollten beide Reaktoren am Netz bleiben, dann müssten sie bald mit neuen Brennelementen beliefert werden. Es mag also so aussehen, als wäre Mestrallet wieder da, wo er am liebsten ist: am längeren Hebel.
Bild: Martin Bureau/AFP
Vielleicht sollten Belgien und Deutschland in anderen Länder schauen. Finnland hat den Bau eines neuen Atomkraftwerks beschlossen, ebenso Frankreich und die Slowakei.
Atomenergie ist das kleinere Übel. Besser als von ausländischen öl abhängig sein. "Alternative Energien" können allenfalls eine Ergänzung sein. Die belgische Energiepolitik kann man nur als verantwortungslose Naivität bezeichnen.
Atomenergie ist das kleinere Übel? Ich kenne ein paar Angehörige in der Ukraine und Japan - ach, und einige hundert Generationen nach Ihnen, die das anders sehen. Von den Volkswirten ganz zu sprechen. Aber wenn wir ganz leise sind, bemerken die schon nichts ...
Werter Herr Kreusch,
Was ist denn in Ihren Augen die beste Energie ? Wie sieht Ihre Alternative aus ?