Was hatte man nicht im Vorfeld für Zweifel geäußert. "Er hat nicht das Format", "er hat nicht die nötige Kragenweite", "er kann es nicht". Viele Vorschusslorbeeren hatte es für den ewigen Kronprinzen nicht gegeben.
Der damals 53-jährige Philippe galt vielen allenfalls als der König der Fettnäpfchen. Viele Kritiker wurden aber schon an jenem 21. Juli 2013 eines Besseren belehrt. Philippe wirkt bei seiner Eidesleistung unerwartet entspannt, im wahrsten Sinne des Wortes "souverän".
Und wie das mit ersten Eindrücken häufig so ist: Sie bleiben, geben in gewisser Weise die Richtung vor. So gelungen der Start, so tadellos war jedenfalls der nachfolgende Parcours des neuen Königs.
Zunächst ging es zum Antrittsbesuch in die Provinzen des Landes. Eine Station war auch Eupen, wo der neue König im ebenso neuen PDG den Feierlichkeiten zum 40-Jährigen der Einsetzung des Rates der deutschen Kulturgemeinschaft (RdK) beiwohnte. Und an die Deutschsprachigen richtete sich der König der Belgier in ihrer Muttersprache.
Das wird Philippe konsequent fortsetzen. Dezember 2013: die erste Weihnachtsansprache des neuen Königs. Und die Ostbelgier staunten nicht schlecht, denn die Rede war von Anfang bis Ende auf Deutsch gehalten. Es gab eine integrale deutschsprachige Fassung. Weihnachtsansprache des Königs ...
Doch nicht nur den Deutschsprachigen gegenüber bricht König Philippe gezielt mit der Vergangenheit. Insgesamt lässt er einen frischeren Wind durch den Palast wehen. Ganz offensichtlich ist es ihm ein Anliegen, die Institution Monarchie zu modernisieren. Das zeigt sich schon in der Reportage, die die großen Fernsehsender des Landes gemeinsam produziert haben. Man sieht die menschliche Seite des Königs, den Familienvater, der etwa mit Frau und Kindern eine Radtour unternimmt.
Apropos Frau: Beobachter sind sich einig, dass Königin Mathilde wesentlichen Anteil am positiven Image des Königshauses hat. Mathilde ist ihrem Mann eine wichtige Stütze, insbesondere bei öffentlichen Auftritten, die Philippe nach wie vor nicht wirklich liegen. Königin Mathilde hat da offensichtlich den perfekten Mittelweg gefunden: Sie glänzt, ohne dabei ihren Mann in den Schatten zu stellen. König Philippe symbolisiert jedenfalls in gewisser Weise die positiven Seiten der "Belgitude", dazu gehört auch die Fußballnationalmannschaft.
Weniger als ein Jahr nach dem Thronwechsel stand dann aber für den König die Feuerprobe an: die Wahl vom 25. Mai und vor allem die Phase der Regierungsbildung, in der der König ja nach wie vor eine mitunter nicht unwesentliche Rolle zu spielen hat. Doch auch in diesem Zusammenhang gab es keine Misstöne. Entwaffnend normal geradezu wirkten da die Bilder, die den N-VA-Chef Bart De Wever - den Mann, der das Königshaus am liebsten abschaffen würde - im vertraulichen Gespräch mit dem König zeigten.
Auch diese Prüfung hat der König jedenfalls bestanden. Böse Zungen mögen dabei einwerfen, dass ihm die politische Klasse den Job auch sehr einfach gemacht hat, insbesondere, weil diesmal die Staatsreform außen vor war. Ein Jahr nach seiner Thronbesteigung, am letzten Nationalfeiertag, blickte König Philippe jedenfalls resolut nach vorn.
König Philippe gilt als Arbeitstier, der sich voll und ganz seinem Amt verschrieben hat. Seit seiner Thronbesteigung hat er allein 233 Audienzen gewährt. Ihm zur Seite steht ein professioneller Beraterstab, der mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks agiert.
Da irren bekanntlich menschlich und das belgische Parkett besonders rutschig ist, wird wohl auch König Philippe früher oder später mal einem Fallstrick nicht ausweichen können. Aber Befürworter wie Gegner sind sich einig: Dafür, das ihm viele nicht sonderlich viel zugetraut haben, hat König Philippe seine Sache bislang sehr gut gemacht.
Fotos: Julien Claessen/BRF