In Brüssel marschierten am Donnerstag mehr als 100.000 Bürger durch die Innenstadt. Sie waren einem Aufruf der christlichen, der sozialistischen und der liberalen Gewerkschaften gefolgt.
Schon am frühen Donnerstagnachmittag beim Marsch unter dem Motto "Gerechtigkeit jetzt" kippte die Stimmung. Rund 100 junge, linksextreme Demonstranten stürmten den Sitz der FEB, des Verbands der belgischen Unternehmen. Danach sorgten einige Hitzköpfe in der Nähe des Südbahnhofs dafür, dass die Kundgebung aus dem Ruder lief: Wütende Hafenarbeiter aus Antwerpen und wallonische Metallarbeiter bewarfen die Ordnungskräfte mit Steinen. Außerdem steckten sie Autos in Brand. Ein Polizei-Motorrad ging ebenfalls in Flammen auf. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Mindestens 14 Demonstranten und Polizisten wurden verletzt.
Die Großdemo hatte am Vormittag friedlich begonnen. Nach Gewerkschaftsangaben zogen bis zu 120.000 Menschen durch die Hauptstadt, um gegen die Sparpläne der Regierung zu protestieren. Vor allem der Indexsprung und die Erhöhung des Rentenalters sorgen für Unmut.
Um kurz nach 17:00 Uhr hat die Regierungsspitze um Premierminister Charles Michel Vertreter der drei großen Gewerkschaften empfangen. Sie wollten über die Reformen und über die soziale Konzertierung sprechen. Sollte die Regierung sich nicht auf die Gewerkschaften zu bewegen, drohen die bereits mit ihrer Protestagenda: Ab dem 24. November vier regionale Streiktage und am 15. Dezember ein landesweiter Generalstreik.
Viele der Demonstranten waren mit der Bahn angereist. Die Züge in Richtung Hauptstadt waren am Morgen überfüllt. Auch beim Personennahverkehr gab und gibt es erhebliche Störungen. In vielen Städten der Wallonie liegt das Busnetz still, darunter im Raum Lüttich-Verviers.
Arbeitnehmer aus dem ganzen Land beteiligten sich an der Protestaktion. In der Folge stehen die Bänder bei vielen Privatunternehmen still oder laufen langsamer. Dazu zählen Volvo in Gent oder Arcelor Mittal in Lüttich.
Auch aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind einige hundert Teilnehmer in Brüssel dabei. Der öffentliche Dienst läuft in vielen Städten nur eingeschränkt.
belga/vrt/alk/fs/sh - Bilder: Laurie Dieffembacq (belga)