Heiß her ist es in der Kammer gegangen. Der Grund: Die PS-Oppositionsführerin Laurette Onkelinx wollte noch vor der Regierungserklärung eine Stellungnahme von Premierminister Charles Michel zu den umstrittenen Äußerungen und Verhaltensweisen der beiden N-VA-Minister Jan Jambon und Theo Vrancken. Jan Jambon werden ja umstrittene Äußerungen in Sachen Kollaboration vorgeworfen. Und der frisch gebackene Staatssekretär Theo Francken war am Wochenende auf dem 90. Geburtstag eines ehemaligen Nazi-Kollaborateurs und Gründer einer rechtsextremen Organisation. Die linke PTB, die PS und die flämischen Sozialisten fordern inzwischen den Rücktritt von Francken. Für den neuen Regierungschef Charles Michel: ein Albtraum.
N-VA-Politiker Siegfried Bracke, der zu Beginn der Zusammenkunft zum neuen Parlamentspräsidenten ernannt wurde, gab dem Antrag der PS-Abgeordneten Laurette Onkelinx jedoch nicht statt, woraufhin es zu verbalen Tumulten kam. Erst als die Gemüter sich wieder etwas beruhigt hatten, konnte der neue Regierungschef Michel loslegen.
Michel erklärte, die Schwedische Koalition werde die nötigen wirtschaftlichen und sozialen Reformen durchführen, um das Land zukunftsfähig zu machen. Eine Lohnkostensenkung und ein Indexsprung sollen die Unternehmen wieder wettbewerbsfähig machen und neue Jobs schaffen. Die Schaffung neuer und die Sicherung bestehender Arbeitsplätze sei das wichtigste Ziel der neuen Koalition. Ausdrücklich verwies Michel auch darauf, dass die Regierung den sozialen Dialog groß schreibe und mit den Gewerkschaften zusammen für die Belange der Arbeitnehmer eintreten wolle. Die Konzertierung mit Arbeitgebern und Gewerkschaften habe in Belgien eine lange Tradition, so Michel. Deswegen will die neue Regierung den Dialog so schnell wie möglich wieder aufnehmen und die Sozialpartner zu Beratungen einladen.
Eine neue Staatsreform werde es in den nächsten Jahren dagegen nicht geben. Dafür soll die Justiz künftig schneller und effizienter arbeiten. Eine weitere Priorität der neuen Föderalregierung ist die innere Sicherheit. In Kürze wird ein nationaler Sicherheitsrat die Arbeit aufnehmen, unter der Leitung von Premierminister Michel. Außerdem sollen die Vorkehrungen gegen die sogenannten Syrien-Heimkehrer verschärft werden. Extremismus, Radikalismus und Terrorismus seien eine Gefahr für unsere Demokratie, so Michel. Künftig soll Menschen die Rückkehr nach Belgien untersagt werden. Auch der belgische Pass soll Extremisten mit einer doppelten Staatsbürgerschaft abgenommen werden können. Hierzulande werde an einer neuen Antiradikalisierungspolitik gearbeitet.
Michel ging auch auf die Rente mit 67 ab 2030 ein. Dieses Langzeit-Ziel sei notwendig, damit unsere Sozialsysteme auch künftig finanzierbar bleiben. "Jeden Monat gehen in Belgien 10.000 Menschen in Rente - das sind 120.000 zusätzliche Pensionäre pro Jahr. Innerhalb weniger Jahre sind die Rentenausgaben von 25 Milliarden Euro jährlich auf 37 Milliarden gestiegen. Das ist eine Steigerung von 60 Prozent. Wer behauptet, dass es auch ohne Reform geht, der sagt nicht die Wahrheit", so Michel.
Bild: Nicolas Maeterlinck/Belga