Im Justizpalast von Brüssel hat ein Mammut-Prozess über Korruption bei der Gebäuderegie begonnen - das ist der Dienst, der die öffentlichen Gebäude verwaltet. Jahrelang soll es bei der Vergabe von Aufträgen zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Unternehmer sollen Beamte systematisch bestochen haben - ob mit Geld, Reisen oder mit der Verrichtung von Arbeiten, wie etwa kostenlose Bauarbeiten an den Privathäusern der Beamten.
Im Gegenzug erhielten die Unternehmen den Zuschlag für den Unterhalt öffentlicher Gebäude wie den Königspalast in Laeken, das Gefängnis von Saint-Gilles und den Palast der Schönen Künste in Brüssel.
Bei kleineren Aufträgen für Unterhaltsarbeiten unter 67.000 Euro, für die keine Ausschreibung notwendig ist, habe man bei der Gebäuderegie ein eigenes Vergabesystem entwickelt. Jeder bei der Gebäuderegie wusste darüber bestens Bescheid, so die tiefe Überzeugung des Staatsanwalts. Aber niemand habe etwas dagegen unternommen. Die Ermittlungen hatten 2005 begonnen und vier Jahre gedauert.
Unter den insgesamt 71 Verdächtigen, die am Montag vor Gericht stehen, ist auch der frühere Generaldirektor der Gebäuderegie, Hans Evenpoel. Der 74-Jährige wird bei der Verhandlung aus Krankheitsgründen durch seinen Anwalt vertreten: Er sei physisch und psychisch nicht mehr in der Lage, an den Sitzungen teilzunehmen.
2010 verbrachte Evenpoel rund 100 Tage in Untersuchungshaft, anschließend gab er der RTBF ein Interview. Er selbst sei nicht korrupt gewesen, habe aber im Nachhinein feststellen müssen, dass sich einige seiner Mitarbeiter haben bestechen lassen. Als Generaldirektor sitze man in einem Turm und man bekomme von dem ganzen Treiben nichts mit, erklärte Evenpoel 2010 in einem Fernsehinterview.
Der Korruptionsprozess ist auf fünf Wochen angesetzt. Wegen Bestechlichkeit fordert die Staatsanwaltschaften Haftstrafen von sechs Monaten bis drei Jahren. Ein Urteil wird möglicherweise erst nächstes Jahr gesprochen.
Dabei sollen nicht nur in Brüssel Beamte bestochen worden sein. In zwei Wochen beginnt in Gent ein ähnlicher Prozess. Und auch in Löwen will die Staatsanwaltschaft 55 Unternehmen und Mitarbeiter der Gebäuderegie vor Gericht stellen.
belga/vrt/rtbf/jp - Bild: Jasper Jacobs/belga