Marianne Thyssen wird neue belgische EU-Kommissarin. Das haben die Regierungsbildner Kris Peeters und Charles Michel offiziell bekanntgegeben. Bei den nächtlichen Verhandlungen der Mitte-Rechts-Parteien sei außerdem vereinbart worden, dass der Posten des Premierministers an die Liberalen geht. Ein Name wurde nicht genannt.
Auf einer Pressekonferenz am Donnerstagmittag in Brüssel dankte Thyssen CD&V-Parteichef Wouter Beke und Co-Regierungsbildner Kris Peeters für ihren Einsatz zu ihren Gunsten. Dies sei keine Selbstverständlichkeit gewesen, so Thyssen. Durch die Benennung der CD&V-Politikerin für die Kommission verzichtet ihr Parteikollege Peeters auf den Premierministerposten in der künftigen Föderalregierung.
Wichtiger EU-Posten für Marianne Thyssen
Premierminister Di Rupo übermittelte am Donnerstag den Vorschlag an den designierten Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und den EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy.
Der designierte neue EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ließ über seine Sprecherin mitteilen, dass er die Wahl Thyssens begrüße. Mit der Belgierin werden (normalerweise) acht der insgesamt 28 neuen Kommissare Frauen sein. Im Laufe des Nachmittags wird Juncker Marianne Thyssen zu einem Vier-Augen-Gespräch empfangen. Welche Zuständigkeit sie übernehmen wird, ist noch nicht entschieden. Die Entscheidung über die Verteilung der Portefeuilles soll nach Junckers Worten kommende Woche bekannt gegeben werden. Es wird erwartet, dass Thyssen einen wichtigen Posten in der neuen EU-Regierung erhält, auch und vor allem, weil sie eine der wenigen Frauen in der neuen Kommission ist.
Nächtliche Diskussionen
Die Entscheidung für Marianne Thyssen und damit gegen den MR-Kandidaten Reynders fiel erst nach stundenlangen Verhandlungen der Mitte-Rechts-Parteien. N-VA-Chef De Wever soll zwischen Christdemokraten und Liberalen vermittelt haben.
Im Gegenzug für das Amt der EU-Kommissarin verzichten die flämischen Christdemokraten auf den Posten des Premierministers. Dieser wird nun innerhalb der "liberalen Familie" vergeben, wie die Regierungsbildner Peeters und Michel am Donnerstagmorgen sagten. Wer den Posten bekommt, soll erst feststehen, wenn die Koalitionsgespräche abgeschlossen sind.
Staatshaushalt
Ein großes Thema der nächtlichen Beratungen war auch der Haushalt. Da geht es um die Frage, wie hart die Einschnitte in den nächsten Jahren insgesamt sein werden. OpenVLD und N-VA wollen - so fern das geht - keine neuen Steuern. Sie wollen also den folgenden Berechnungsschlüssel durchdrücken: 80 Prozent Einsparungen, 20 Prozent neue Einkünfte. Die CD&V stellt sich aber quer, sie will das Ganze sozialverträglicher machen und pocht auf ein Verhältnis 70/30 statt 80/20.
Dann geht es auch um die Frage, wann der Haushalt wieder ausgeglichen sein soll, bereits 2016 oder erst zum Ende der Legislaturperiode. Auch da gibt es offenbar noch Meinungsverschiedenheiten.
König Philippe hat am Donnerstagmittag den Auftrag zur Regierungsbildung für Kris Peeters und Charles Michel verlängert. Beide hatten das Staatsoberhaupt zuvor über den Stand der Verhandlungen in Kenntnis gesetzt.
belga/alk/jp/mh - Bild: Jonas Roosens (belga)