Die "flämischen Sopranos". Die Parallele zur US-Fernsehserie, in der es im Wesentlichen um die Mafia geht, sei schnell gezogen, meint die Zeitung Het Belang van Limburg, die in den letzten Tagen eine akribisch recherchierte Artikelreihe zu dem Fall veröffentlicht hat.
Im Mittelpunkt steht die Familie Aquino aus dem limburgischen Maasmechelen: Das sind sechs Brüder. Antonio ist mit 54 Jahren der älteste. Ihn nennen die Ermittler den "Paten". Zur Seite stehen ihm Lucio, Giancarlo, Mario und Silvio. Allein der sechste Aquino-Bruder, Pasquale, scheint sich für eine andere Laufbahn entschieden zu haben.
Die fünf Aquinos werden seit den 90er Jahren vor allem mit Drogendelikten in Verbindung gebracht. Dabei sei ihr Vorstrafenregister vergleichsweise "jungfräulich", schreibt Het Belang van Limburg. Naja, Antonio, der Chef, sei doch immerhin schon wegen bewaffneten Raubs, Entführung, Folter und Drogenhandels verurteilt worden. Auch seine jüngeren Brüder haben schon diverse Male im Gefängnis gesessen.
Monsterprozess in Hasselt
Diesmal steht dann aber doch mehr auf dem Spiel. Man muss sich nur die Armee Rechtsanwälte bei dem Prozess anschauen, um erahnen zu können, dass es vor dem Strafgericht von Hasselt um eine wirklich dicke Sache geht. Im Gerichtssaal hat die Crème de la Crème unter den Anwälten Platz genommen, bekannt aus den medienträchtigen Prozessen der letzten Jahre, darunter Sven Mary, Jef Vermassen und Walter Van Steenbrugge, die insbesondere in Flandern quasi jeder kennt. "Top-Anwälte für Top-Gangster", schreibt dazu Het Laatste Nieuws.
Der Prozess soll einen Monat dauern. 60.000 Seiten umfasst die Akte. Die Angeklagten riskieren bis zu zehn Jahre Haft. Insgesamt 38 Angeklagte müssen sich vor dem Strafgericht Hasselt verantworten. Vier Aquino-Brüder, eine Schwester und eine Reihe von Satelliten aus ihrer näheren Umlaufbahn. Auch die meisten der Aquino-Ehefrauen stehen vor Gericht. Sie sollen über die Machenschaften ihrer Gatten durch und durch im Bilde gewesen sein, einige der Frauen haben sogar ebenfalls in U-Haft gesessen.
Zwischen 2011 und 2013 sollen sie ein richtig großes Ding gedreht haben. Die Bande wird verdächtigt, fast drei Tonnen Kokain aus Lateinamerika nach Europa gebracht zu haben. Straßenwert der Drogen: 82 Millionen Euro. Abgewickelt wurde der Transport insbesondere über den Hafen von Rotterdam.
Die belgische Polizei war über Ermittlungen in Holland auf die Bande aufmerksam geworden. Man startete einen Lauschangriff: Die Aquinos wurden abgehört, in Autos wurden Mikros installiert, sogar ein Krankenhauszimmer, in dem einer der Brüder lag, wurde verwanzt.
Lieferung abgefangen
Aus den Gesprächsprotokollen wurde ersichtlich, dass die Bande schon diverse Drogentransporte organisiert hatte. Eine dieser Lieferungen konnte aber abgefangen werden. Am 15. März letzten Jahres wurde auf einer limburgischen Landstraße ein LKW angehalten: Versteckt in einer Ladung von Bananen fand man 330 Kilogramm Kokain. Der Transport kam aus den Niederlanden. Das ist also quasi das "zentrale Beweisstück".
Das war es aber dann schon fast. Viel Geld hat man bei den zahlreichen Hausdurchsuchungen nicht gefunden, auch nicht auf den eingefrorenen Konten. Bis auf ein paar französische Luxushandtaschen weist nichts auf einen großspurigen Lebensstil hin. Die Brüder leben im übrigen in eher durchschnittlichen Wohnungen, die allerdings allesamt hoch gesichert sind.
Man kann allerdings nur feststellen, dass die Einkünfte der Brüder eher schwer nachvollziehbar seien. Möglicherweise wurde Geld gewaschen über einige Geschäfte, unter anderem über den Laden einer der Aquino-Ehefrauen.
Mafia-Muster
Wenn auch eine direkte Verbindung zur italienischen Mafia anscheinend nicht besteht: der Aquino-Clan funktioniert offenbar nach dem gleichen Muster. Omerta ... Verschwiegenheit ist oberstes Gebot. Und auch die Kommunikation unter den Brüdern und mit den Komplizen hat etwas Hermetisches: Regelmäßig änderten sie ihre Telefone und Rufnummern, geredet wurde meist nur in den Privatwohnungen. Manchmal benutzte man das Datennetz der Playstation-Spielkonsole, um Mitteilungen auszutauschen. Der Krankenhaus-Aufenthalt von Mario Aquino war quasi der einzige Moment, wo die Ermittler mal mithören konnten.
Bei ihrer ersten Anhörung beriefen sich die meisten der Angeklagten denn auch auf ihr Schweigerecht. Und ihre Star-Anwälte sollen dann wohl den Rest erledigen. Einige von ihnen sind bekannt dafür, vor allem nach Formfehlern zu suchen. Anwalt Sven Mary etwa will offenbar versuchen, die Ermittlungen insgesamt für unrechtmäßig erklären zu lassen. Offenbar haben die Ermittler versucht, einen Informanten in den Clan einzuschleusen, was im übrigen misslungen ist. Und das wäre eine in Belgien illegale Ermittlungsmethode.
Von den Aquino-Brüdern saß noch keiner noch in U-Haft, sie wurden gegen Zahlung einer Kaution von 30.000 Euro auf freien Fuß gesetzt. Und sie scheinen dem Prozess eher entspannt entgegen geblickt zu haben. Nach Informationen von Het Belang van Limburg haben sie am Wochenende noch ein großes Familienfest geschmissen. In einem Restaurant - einem italienischen freilich ...
Foto: Eric Lalmand (belga)
Noch jemand Fragen warum ich immer so dafür eintrete der Mafia das Geschäft endlich mal aus der Hand zu nehmen? Tausende Jahre Gefängniss verteilt man an die Konsumenten und den dicken Fischen kann man noch nicht mal die illegalen Gelder abnehmen?! *kopfschüttel*
Liebe Politiker!
Die internationale Mafia bedankt sich zu tiefst das Handelsmonopol für Drogen inne haben zu dürfen. Das der Staat sich mit der biblischen Steuer von nur einem Zentel (10% Aufklärungsquote) begnügt und auch ansonsten keinerlei effeziente Jugendschutzmechanismen zulässt - verpflichtet uns zu ganz besonderem Dank.
Ihre Mafia